Skip to main content
Erschienen in:
Buchtitelbild

Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

24. Lade- und Ladeinfrastruktur-Technologie

verfasst von : Christopher Hecht, Jan Figgener, Dirk Uwe Sauer

Erschienen in: Elektromobilität

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Je nach Anwendungsfall können bei der Ladung von Elektrofahrzeugen sehr unterschiedliche Technologien zum Einsatz kommen. Abb. 24.1 zeigt eine Übersicht der gängigen Anwendungsszenarien sowie der zugehörigen Technologien. Bei der Ladung zu Hause kommen langsame AC-Ladungen mit typischerweise bis zu 11 kW zum Einsatz, die auf vergleichsweise schlanke Systeme ohne viele IT-Schnittstellen setzen. Im öffentlichen Raum werden an AC-Ladern hingegen mittelgroße Leistungen von 11 kW oder 22 kW abgegeben. Diese Installationen müssen außerdem über verschiedene Kommunikations- und Authentifizierungsmöglichkeiten verfügen. DC-Schnelllader mit Ladeleistungen oberhalb von 50 kW sind aufgrund der hohen Leistungen generell deutlich teurer und erfordern ähnliche IT-Standards wie auch die AC-Lader. Die verschiedenen in Abb. 24.1 dargestellten technischen Komponenten werden in den folgenden Unterkapiteln genauer beleuchtet.
Je nach Anwendungsfall können bei der Ladung von Elektrofahrzeugen sehr unterschiedliche Technologien zum Einsatz kommen. Abb. 24.1 zeigt eine Übersicht der gängigen Anwendungsszenarien sowie der zugehörigen Technologien. Bei der Ladung zu Hause kommen langsame AC-Ladungen mit typischerweise bis zu 11 kW zum Einsatz, die auf vergleichsweise schlanke Systeme ohne viele IT-Schnittstellen setzen. Im öffentlichen Raum werden an AC-Ladern hingegen mittelgroße Leistungen von 11 kW oder 22 kW abgegeben. Diese Installationen müssen außerdem über verschiedene Kommunikations- und Authentifizierungsmöglichkeiten verfügen. DC-Schnelllader mit Ladeleistungen oberhalb von 50 kW sind aufgrund der hohen Leistungen generell deutlich teurer und erfordern ähnliche IT-Standards wie auch die AC-Lader. Die verschiedenen in Abb. 24.1 dargestellten technischen Komponenten werden in den folgenden Unterkapiteln genauer beleuchtet.

24.1 Lademöglichkeiten

Elektrofahrzeuge können mit verschiedenen Infrastrukturen mit dem Stromnetz verbunden werden. Die gängigsten vier Optionen – Schuko-Notlader, Wallbox, Ladesäule (AC) und Schnellladesäule (DC) – werden in diesem Kapitel eingeführt. Alle Optionen eint, dass auf stationärer Seite eine Wechselstromversorgung angenommen wird und auf Fahrzeugseite entweder Strom als Wechsel- oder Gleichstrom angeboten wird. Denkbar ist ebenfalls eine stationäre Gleichstromversorgung, zum Beispiel wenn das Fahrzeug direkt mit einer PV-Anlage oder einem Batteriespeicher verbunden wird. Solche Aufbauten haben in der Praxis aber noch keine Relevanz, allerdings wurden erste Produkte in diesem Bereich schon angekündigt.

24.1.1 Schuko-Notlader

Elektroautos können an einer Haushaltssteckdose mit Hilfe eines Adapters geladen werden. Dabei liegt die Ladeleistung von etwa 2 kW deutlich unter den Alternativen und sorgt für sehr langsame Ladeprozesse. Zwar sind Haushaltssteckdosen theoretisch mit 13 A oder 16 A abgesichert, was bis zu 3,7 kW Leistung ermöglicht, doch sollte diese Leistung nicht dauerhaft abgerufen werden. Grund dafür ist, dass die meisten Kabel nicht für die Abwärme ausgelegt sind, die bei einer Vollauslastung über mehrere Stunden hinweg generiert wird. Im schlimmsten Fall könnte es daher zu einem Kabelbrand kommen. Deshalb empfehlen sich entweder 6 A oder 10 A für den Dauerbetrieb.
Neben einer langen Ladedauer erzeugen die niedrigen Leistungen aber noch ein weiteres Problem: Die im Auto verbauten Gleichrichter sind ineffizient, wenn sie bei niedriger Leistung betrieben werden. Ist ein Fahrzeug zum Beispiel auf eine Wechselstromladung mit 22 kW ausgelegt, dann sind zusätzliche Effizienzverluste von 10 % und mehr üblich, wenn der Umrichter durch die niedrige Leistung via Notlader im Teillastbereich betrieben wird. Dementsprechend lohnt sich oft die Investition in eine Wallbox mit höherer Leistung. Der Schuko-Notlader sollte gemäß seinem Namen für Notladungen an Orten verwendet werden, an denen keine sonstige Ladeinfrastruktur verfügbar ist (Abb. 24.2).

24.1.2 Wallbox

Eine Wallbox ist ein kompaktes Gerät, das die notwendigen elektrischen und leistungselektronischen Komponenten enthält, um ein Auto oder zwei Fahrzeuge entweder ein- oder dreiphasig via Wechselstrom ans Stromnetz anzubinden. Ein Beispiel für ein solches Gerät ist in Abb. 24.3 zu sehen. In Anbetracht der Kompaktheit und des einfachen Aufbaus sind Hardware-Kosten von 500 bis 1000 € typisch. Die klassischen Einsatzgebiete einer Wallbox sind das Laden von Privatfahrzeugen zu Hause oder beim Arbeitgeber sowie auf Kundenparkplätzen bei Unternehmen. In vielen Anwendungsfällen wird der Strom dabei kostenlos zur Verfügung gestellt, was ein Abrechnungssystem überflüssig macht und Hardware- sowie Betriebskosten reduziert. Prinzipiell sind mit einer Wallbox aber dieselben Betriebsmodi wie bei einer Ladesäule möglich, wenn entsprechende Mess-, Kommunikations- und Authentifizierungstechnik verbaut ist.

24.1.3 Ladesäule (AC)

Ladesäulen sind kompakte, stehende Aufbauten mit meist zwei Ladepunkten im Typ-2-Format, an denen Fahrzeuge mit 11 kW oder 22 kW dreiphasig laden können. Wie Abb. 24.4 zeigt, werden die Geräte primär im öffentlichen oder halböffentlichen Raum installiert. Für eine Abrechnung ist dabei eine eichrechtskonforme Strommessung und eine Bezahlmöglichkeit ohne Vertragsbindung („Ad-hoc-Laden“) in der Ladesäulenverordnung vorgeschrieben. Die Bezahlung wird heutzutage häufig mittels einer an der Ladesäule erkennbaren Website gelöst, über die die Kosten für den Ladevorgang beglichen werden können. Für alle Säulen, die ab Juli 2024 installiert werden, ist zusätzlich ein kontaktloses EC- und Kreditkartenterminal plus Tastenfeld verpflichtend. Für Vertragskunden erfolgt die Freischaltung typischerweise über eine RFID-Ladekarte1 oder etwas seltener über eine App.

24.1.4 Schnellladesäule (DC)

DC-Schnelllader liefern meist über die DC-Formate CCS- oder CHAdeMO-Leistungen von 50 bis 350 kW bei typischerweise 350 bis 450 V. Für besonders hohe Leistungen wird die Spannungsebene auf 750 bis 850 V verdoppelt, um Problemen bei der Kühlung vorzubeugen. Für Leistungen ab 150 kW werden in der Industrie auch die Begriffe „High Power Charging“ (HPC) und ab 350 kW „Utra High Power Charging“ (UHPC) verwendet. Im Gegensatz zu den anderen vorgestellten Konzepten ist in diesem Fall der Gleichrichter in der Ladesäule verbaut und speist direkt die Pole der Traktionsbatterie im Fahrzeug. Gerade bei hohen Strömen ist dabei eine aktive Kühlung des Gleichrichters und manchmal auch des Kabels notwendig. Mit Blick auf Messung und Bezahlung unterscheiden sich die Konzepte zwischen AC- und DC-Ladung kaum.
Bezüglich ihrer Anwendungen haben sich vor allem zwei Szenarien durchgesetzt. Das bekannteste besteht im Spontanladen auf Langstreckenfahrten, ähnlich zum Nachtanken an Autobahntankstellen. Dabei werden besonders hohe Leistungen abgerufen, weil die Fahrt möglichst schnell fortgesetzt werden soll. Mit heutigen Modellen lässt sich Strom für bis zu 140 km Reichweite innerhalb von zehn Minuten nachladen,2 wobei mit einer weiterhin sehr dynamischen Entwicklung zu rechnen ist. Das zweite Anwendungsfeld bilden 50 kW-Säulen an Supermärkten oder ähnlichen Orten. Der zugrundeliegende Gedanke ist, dass in einer typischen Einkaufsdauer ausreichend Energie für einige Tage nachgeladen werden kann. Bei einer halben Stunde Einkauf und dementsprechend 25 kWh nachgeladener Energie können somit je nach Fahrzeugverbrauch 100 bis 150 km Reichweite „aufgetankt“ werden. Künftig kann die Ladung schwerer Nutzfahrzeuge hinzukommen, da die gängigen 22 kW-AC-Ladesäulen vermutlich zu langsam sein werden. Zwei exemplarische Säulen sind in Abb. 24.5 gezeigt.

24.2 Steckertypen

In der Elektromobilität werden je nach Ort und Anwendungsart unterschiedliche Steckertypen genutzt. Am Fahrzeug haben sich in Europa vor allem der dreiphasige Typ-2-Stecker zur AC-Ladung und der „Combined-Charging-System“ (CCS)-Stecker zur DC-Ladung durchgesetzt. Koreanische und japanische Fahrzeuge verfügen hingegen häufig über einen Typ-1-Stecker für die AC-Ladung und CHAdeMO für die DC-Schnellladung. Der Typ-1-Stecker ist dabei demjenigen des Typs 2 sehr ähnlich und unterscheidet sich lediglich darin, dass eine Phase statt drei zur Verfügung gestellt werden. Abb. 24.1 bietet eine Übersicht der jeweiligen Optiken und Aufbauten. In den USA ist ein Trend hin zum von Tesla entwickelten NACS-Standard zu beobachten. Da ein ähnlicher Trend in Europa nicht zu erkennen ist, wird der NACS-Standard in diesem Kapitel nicht detailliert betrachtet.
Bei AC-Ladestationen und Wallboxen hat sich der Typ-2-Stecker durchgesetzt, da er mit Hilfe eines einfachen Adapters auch ein Fahrzeug laden kann, das über einen Typ-1-Stecker verfügt. Die Verbindungskabel zwischen Station beziehungsweise Wallbox und Fahrzeug werden meistens von den Fahrzeughaltenden mitgeführt. Mit der im Jahr 2021 beschlossenen Aktualisierung der Ladesäulenverordnung sind jedoch auch Säulen mit fest verbautem Kabel zulässig.
An DC-Ladestationen sind die Ladekabel fest installiert. Da es zwischen CHAdeMO und CCS keine Adapter gibt, sind viele Stationen mit beiden Arten von Ladekabeln ausgestattet. Seit 18. November 2017 gilt innerhalb der EU, dass alle neu installierten DC-Ladestationen mit CCS ausgerüstet sein müssen. Daher setzt sich dieser Standard mittlerweile verstärkt durch und Zubauraten lagen in den Jahren 2019 und 2020 etwa zweieinhalbmal3 höher für CCS als für CHAdeMO. Bei nahezu allen neu installierten Stationen mit CHAdeMO waren zusätzlich CCS-Kabel verbaut. Auch international setzt sich CCS zunehmend durch, vor allem in Nordamerika und Europa. In China wird die DC-Variante des nationalen chinesischen Standards „GB/T“ genutzt. Tesla hat als bislang einziger Autobauer noch einen zusätzlichen proprietären Stecker eingeführt, der primär in Nordamerika und mittlerweile auch von einer Reihe anderer Hersteller genutzt wird. In Europa und China werden auch von Tesla die jeweils lokalen Standards genutzt.

24.3 Gleichrichteraufbauten

Stromnetze liefern Wechselstrom, Fahrzeugbatterien brauchen allerdings Gleichstrom – meist bei 400 V und in selteneren Fällen auch bei 800 V. Aus diesem Grund werden Gleichrichter benötigt. In diesem Abschnitt werden grundsätzliche Aufbauten dargestellt. Weitere Details beinhaltet die Langform der hier vorgestellten Konzepte.4 Grundsätzlich bestehen alle Varianten aus den in Abb. 24.6 (links beginnend) gezeigten Grundkomponenten „Netzanschluss“, „Filter für harmonische Schwingungen“, „Gleichrichter“ und „DC-DC-Wandler“.
Bei AC-Langsamladung befinden sich sämtliche Komponenten innerhalb des Fahrzeugs. An Notlader, Wallbox oder Ladesäule sind lediglich Überstromsicherungen installiert. Die Leistung des Gleichrichters wird vor Ladebeginn zwischen Fahrzeug und Ladepunkt ausgehandelt. Dabei wird die geringere Maximalleistung von Ladepunkt und Fahrzeug gewählt.
Bei DC-Schnellladung wird innerhalb der Komponentenkette eine galvanische Trennung benötigt. Dies kann entweder über einen Trenntransformator oder eine galvanische Trennung im DC-DC-Wandler erfolgen. Müssen mehrere Fahrzeuge parallel versorgt werden, wird die Komponentenkette meist dupliziert, wie Abb. 24.7 schematisch zeigt. Häufig ist auch eine zusätzliche Ertüchtigung des Netzanschlusspunkts notwendig – zum Beispiel durch einen Anschluss an die Mittelspannung.
Neben der Parallelisierung besteht auch die Möglichkeit, die Ladesäulen auf einer DC-Schiene zu koppeln (vgl. Abb. 24.8). Mit dieser Variante können gegebenenfalls Komponenten gespart werden, da nicht die volle Kette der Bestandteile für jede Ladesäule verbaut werden muss. Allerdings ist in diesem Fall eine galvanische Trennung an jedem DC-DC-Wandler notwendig.

24.4 Batteriespeicher

Batteriespeicher werden im Kontext der Ladeinfrastruktur vor allem aus zwei Gründen verwendet. Beim Einsatz als Pufferspeicher, insbesondere im gewerblichen Bereich, erlauben Batteriespeicher auch bei einem schwach ausgebauten Netz eine hohe Ladeleistung. Werden die Speicher allerdings – besonders im privaten Gebrauch – zur Eigenverbrauchsoptimierung eingesetzt, dann liegt ihr Nutzen primär darin, dass lokal erzeugte Energie für die Nachladung des Fahrzeugs verwendet werden kann. Beide Anwendungsfälle werden in den nächsten beiden Abschnitten kurz erläutert.
Pufferspeicher
Ein häufig genanntes Ziel bei der Schnellladung von Elektrofahrzeugen ist, dass sie ähnlich schnell wie die Betankung eines Verbrennerfahrzeugs vonstatten geht. Die sich daraus ergebenden Ladeleistungen von heute 350 kW und künftig auch mehr stellen vor allem für Netzanschlüsse an entlegenen Rastplätzen eine große Herausforderung dar. Abhilfe können in solchen Szenarien Pufferspeicher schaffen, die während niedriger Netzauslastung aufgeladen und zu Spitzenzeiten entladen werden. Je nach Leistung der zugehörigen Ladeinfrastruktur können dabei entweder kleinere Gewerbespeicher als Schranklösung (Leistung bis etwa 100 kW) oder größere Gewerbespeicher in Containerbauweise (Leistung ab etwa 100 kW) zum Einsatz kommen. Die meisten Systeme sind dabei auf eine Entladedauer von wenigen Stunden ausgelegt.
Eigenverbrauchsoptimierung
Der Eigenverbrauch lokal erzeugter Energie sorgt dafür, dass weniger Energie aus dem Netz bezogen wird. Auf diese Weise sparen vor allem Haushalte Abgaben, Umlagen und Steuern auf den genutzten Strom aus der eigenen Energieerzeugung. Ein typisches Beispiel dafür sind Photovoltaik (PV)-Heimspeicher, die lokal erzeugte Solarenergie zwischenspeichern und ins Auto laden. Eine solche Anwendung ist in den meisten Fällen aufgrund der hohen Investitionssummen für Speicher jedoch (noch) nicht wirtschaftlich. Anschaffungen werden dennoch getätigt, wenn etwa „das gute Gefühl“ bei der Nutzung des eigens erzeugten Stroms zum Autofahren wirtschaftliche Perspektiven überwiegt. Alternativ kann die Wirtschaftlichkeit gegeben sein, wenn der Speicher für einen anderen Zweck – zum Beispiel für die unterbrechungsfreie Stromversorgung oder zur Pufferung von Leistungsspitzen – angeschafft wurde und dafür aktuell nicht benötigt wird.

24.5 Mess- und Abrechnungssysteme

Wird eine Ladesäule im öffentlichen oder halböffentlichen Raum kommerziell betrieben, dann wird meist ein Mess- und Abrechnungssystem benötigt, das die geladene Energie in Rechnung stellt. Dafür werden an der Ladesäule eichrechtskonforme Stromzähler, Authentifizierungsmöglichkeiten und ab 1. Juli 2024 auch EC- und Kreditkartenterminals benötigt. Zusätzlich ist ein Backend-System notwenig, das Kundendaten speichert, Ladevorgänge authentifiziert und Rechnungen stellt. Diese Komponenten werden in den folgenden Unterkapiteln jeweils kurz vorgestellt. Für weiterführende Informationen wird an entsprechende Fachliteratur verwiesen.
Eichrechtskonforme Zähler
Die kostenpflichtige Abgabe von Strom an Ladesäulen muss in Deutschland exakt nach Kilowattstunde abgerechnet erfolgen. Abrechnungsmodelle, bei denen nur die Standzeit oder eine entsprechende Pauschale („Session Fee“) berechnet wird, sind seit dem 1. April 2019 nicht mehr erlaubt, auch wenn bis 2020 noch Ladesäulen existiert haben, die auf diese Weise abgerechnet haben.5 Ein Zähler muss die an das Fahrzeug abgegebene Energie – bei DC-Säulen dementsprechend nach der Gleichrichtung – präzise messen und diesen Wert datenschutzkonform und nachvollziehbar weitergeben. Insbesondere im DC-Bereich wurde die Umrüstung auf eichrechtskonforme Zähler eher spät gestartet, da diese erst 2019 zur Verfügung standen.
Authentifizierungsmöglichkeiten
Soll ein Ladevorgang gestartet werden, so muss sich die auftraggebende Person authentifizieren. An öffentlicher Ladeinfrastruktur erfolgt das entweder über ein RFID-Pad, an das eine Ladekarte gehalten wird, oder über eine Website beziehungsweise eine App. Mit weiterer Verbreitung von „Plug&Charge“-Funktion müssen zusätzlich Zertifikate und eine sichere Kommunikationsinfrastruktur zur Verfügung stehen, die das Fahrzeug direkt über den Stecker identifizieren und die Ladung freigeben. In Zukunft kommen noch Kartenterminals hinzu, die im folgenden Abschnitt detaillierter betrachtet werden.
Kartenterminal
Aktuelle Ladesäulen verfügen nur sehr selten über ein Kartenterminal. Allerdings soll sich das nach der Neufassung der Ladesäulenverordnung ab 1. Juli 2024 für alle neu installierten Ladesäulen ändern. Ab dann muss jede öffentliche Ladesäule über ein Terminal für EC- und Kreditkarten verfügen, sofern Strom dort nicht kostenfrei abgegeben wird. Dadurch soll spontanes Laden einfacher werden, weil die Verwendung einer App oder einer mobilen Website entfällt. Der dafür zusätzlich entstehende Aufwand wurde von der Industrie mit Verweis auf die Mehrkosten mitunter heftig kritisiert. Auch müssen die zu nutzenden Systeme neu auf ihre Eichrechtskonformität geprüft werden, was die recht lange Zeitspanne zwischen dem Beschluss Mitte 2021 und der Einführung 2023 bzw. 2024 erklärt.
Backend-System
Das Backend-System wird von Backend-Betreibenden bereitgestellt. Diese sind entweder direkt die jeweiligen Ladepunktbetreibenden oder sie treten für diese als Dienstleistende in Erscheinung. Aufgabe des Backends ist es, Kundschaftsdaten zu speichern und bei erfolgreicher Authentifizierung den Ladevorgang zu starten. Sofern es sich nicht um eine Ad-hoc-Ladung handelt, sondern um einen Ladevorgang via Vertragskundschaft, setzen die Backend-Betreibenden weitere Dienstleistungen um. Dies können zum Beispiel die monatliche Rechnungsstellung oder die Kooperation mit einem anderen „Charge Point Operator“ (CPO) über Roaming-Plattformen sein. Letztgenanntes ermöglicht es, dass verschiedene CPOs sich gegenseitig Zugang zur Infrastruktur des jeweils anderen für ihre Kundschaft gewähren.

24.6 Kommunikationsprotokolle

Bei der Ladeinfrastruktur gibt es zwei wichtige Kommunikationsstrecken: Fahrzeuge müssen mit Ladestationen kommunizieren und Ladestationen mit dem Backend. Die typischerweise für ersteres eingesetzten Protokolle sind in Tab. 24.1 aufgelistet.
Tab. 24.1
Kommunikationsprotokolle zwischen Fahrzeug und Ladepunkt
Protokollname
Zugehörige Stecker
Beschreibung
IEC 61851
Schuko (via Typ 1/2-Adapter), Typ 1, Typ 2
Basisprotokoll, das von einfachen Ladegeräten genutzt wird und von jedem EV in Europa verstanden wird. Eine Kommunikation ist nur in geringem Maße möglich und erfolgt über Widerstandswerte für die Stromtragfähigkeit des Kabels und für den Fahrzeugzustand sowie die Pulsweitenmodulation für die Stromtragfähigkeit der Ladestation.
ISO 15118
Typ 1, Typ 2, CCS
Protokoll, das dem IEC 61851 überlagert wird. Dabei können deutlich mehr Datenfelder ausgetauscht werden. Mit der neuen ISO 15118-20 sind etwa bidirektionales Laden, „Plug&Charge“-Funktion und perspektivisch auch kontaktloses Laden möglich. Welche Features tatsächlich nutzbar sind, ist vom Hersteller abhängig, da das Protokoll nur teilweise implementiert werden kann.
CHAdeMO
CHAdeMO
Protokoll speziell für CHAdeMO-Stecker, das dementsprechend nur an Ladestationen mit dem DC-CHAdeMO-Standard genutzt wird. Es erlaubt standardmäßig bidirektionales Laden.
Vgl. Neaimeh und Andersen 2020
Für die Kommunikation zwischen Ladestation und Backend kommt in Europa und Asien mittlerweile fast ausschließlich das „Open Charge Point Protocol“ (OCPP) zum Einsatz. Es wird von der „Open Charge Alliance“ entwickelt – eine herstellerneutrale Organisation, die sich für die Interoperabilität von Lade-Hardware einsetzt. Geleitet wird die „Open Charge Alliance“ von „ElaadNL“, „ESB“, „Greenlots“, „innogy“ und „Total EV Charge“. Das OCPP existiert in verschiedenen Varianten. Die Versionen 1.5 und 1.6 werden im Großteil der aktuell verkauften Säulen ausgeliefert. Mit diesen Ausführungen sind Betrieb und Abrechnung von Säulen problemlos möglich, jedoch sind nahezu alle Funktionen des „Smart Charging“ nicht implementiert. Selbst einfache Parameter wie der Ladezustand lassen sich kaum übertragen. Für „Smart Charging“, „Vehicle-to-Grid“ und „Plug&Charge“ bietet die neuere Version 2.0 die entsprechenden Datenfelder und Kommunikationsschnittstellen. Auch wenn diese Version bereits veröffentlicht wurde, ist davon auszugehen, dass eine flächendeckende Nutzung erst in einigen Jahren erfolgt.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Kapitel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Fußnoten
1
„Radio-Frequency Identification“ steht für „Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen“.
 
2
Vgl. Hackmann et al. 2020.
 
3
 
4
Vgl. Mortimer et al. 2019.
 
5
Vgl. Wiedemann 2020.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Mortimer, B; Olk, C; Roy, G. K; Tarnate, W. R; Doncker, R. W. de; Monti, A; Sauer, D. U.: Fast-Charging Technologies, Topologies and Standards 2.0 (E.ON Energy Research Center Series). Aachen, 2019 Mortimer, B; Olk, C; Roy, G. K; Tarnate, W. R; Doncker, R. W. de; Monti, A; Sauer, D. U.: Fast-Charging Technologies, Topologies and Standards 2.0 (E.ON Energy Research Center Series). Aachen, 2019
Zurück zum Zitat Neaimeh, M; Andersen, P. B.:Mind the gap- open communication protocols for vehicle grid integration. In: Energy Inform, Jg. 3, 2020, Nr. 1, S. 683 Neaimeh, M; Andersen, P. B.:Mind the gap- open communication protocols for vehicle grid integration. In: Energy Inform, Jg. 3, 2020, Nr. 1, S. 683
Metadaten
Titel
Lade- und Ladeinfrastruktur-Technologie
verfasst von
Christopher Hecht
Jan Figgener
Dirk Uwe Sauer
Copyright-Jahr
2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65812-3_24

    Premium Partner