4.2.1 Ackerbau
Der Klimawandel zeigt bereits Auswirkungen auf die Landwirtschaft, z. B. Hitze- und Trockenstress und damit verbundene Ertrags- und Qualitätseinbußen, häufigere Wetterextreme (Eitzinger & Kersebaum,
2016), zunehmende Ausbreitung von Schadorganismen (
Abschn. 3.2.1). Dies erfordert die rasche Umsetzung von Anpassungsstrategien auf betrieblicher sowie nationaler, regionaler und lokaler Ebene, um die Vulnerabilität der Landwirtschaft zu mindern (Heeb et al.,
2019). Aufgrund kleinräumiger Topografien und Klimaregionen sind die Produktionssysteme der österreichischen Landwirtschaft durch große regionale Unterschiede, vor allem in der Niederschlagsverteilung, geprägt, und die Vulnerabilität gegenüber dem Klimawandel ist zwischen den Regionen sehr unterschiedlich (Eitzinger et al.,
2009a). Die Entwicklung und Anwendung von Anpassungsstrategien, welche lokale Standortcharakteristika, Standortkenntnisse und Praxiserfahrungen sowie sozio-ökonomische Bedingungen und Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen berücksichtigen, ist daher eine Bedingung für eine erfolgreiche Anpassung, d. h. eine Reduktion der Vulnerabilität und eine Erhöhung der Resilienz, an den unvermeidbaren Klimawandel (Eitzinger & Kersebaum,
2016) [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung].
Eine abwechslungsreiche Fruchtfolge ist eine zentrale Maßnahme der Diversifizierung und kann auch bei Wetterextremen stabilere Erträge erbringen, den Boden schonen und die Produktion widerstandsfähiger gegen Beikraut- und Schädlingsdruck gestalten (Steinwidder & Starz,
2016). Als Möglichkeiten werden der Wechsel zwischen Sommer- und Winterkulturen/-früchten und zwischen Halm- und Blattfrüchten wie auch der Anbau von Hülsenfrüchten (Leguminosen), Zwischenfrüchten, Untersaaten und mehrjährigen Kulturen genannt (VLK,
2019). Leguminosen, beispielweise Klee, Luzerne und Erbse, stellen der Folgefrucht fixierten Stickstoff zur Verfügung. Der daraus resultierende geringere Bedarf an mineralischem N-Dünger hat positive Auswirkungen auf die Treibhausgasbilanz (Reduktionspotenziale von bis zu 2,2 t CO
2e/ha wurden ermittelt; Dersch et al.,
2015). Allerdings können Leguminosen in der Fruchtfolge erhöhte Lachgas- (N
2O-)Emissionen verursachen gegenüber nicht leguminosen Pflanzen (Lehtinen et al.
2014, Basche et al.,
2014; Foldal et al.,
2019), wobei hier langjährige quantitative Daten fehlen (Böhm et al.,
2020).
Möglichkeiten zur Anpassung an Klimaänderungen bieten der Anbau von Zwischenfrüchten, Zwischenbegrünungen und Untersaaten [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Damit können folgende positive Effekte erreicht werden: Sie tragen zur Humusbildung bei und reduzieren das Aufkommen von Beikräutern und Schadorganismen, wie Nematoden (Fadenwürmer), was vor allem im Biolandbau geschätzt wird (BAB,
2019; Bio Austria,
2016; Petritz,
2020). Die ganzjährige Bodenbedeckung mit Pflanzen mindert die Erosion und senkt das Erosionsrisiko um 25–60 % (BAB,
2019; Klik & Eitzinger,
2010; Schönhart et al.,
2014). Regenwürmer steigern die Wasserinfiltration und verringern somit das Hochwasserrisiko (Bodner et al.,
2014; Bodner & Keiblinger,
2020). Allerdings kann es durch Grobporen im Boden zur Verlagerung von Nähr- und Schadstoffen und somit zu einer Reduzierung der Filterfunktion des Bodens kommen (Jarvis,
2007). Der Zwischenfruchtanbau verbessert den Bodenwasserhaushalt, denn Pflanzen und Ernterückstände verringern die Bodenverdunstung und den Oberflächenabfluss und verbessern die Infiltration und Wasserspeicherfähigkeit des Bodens. Dadurch wird der Boden im Gegensatz zur Brache (unbestelltes, pflanzenlosen Feld) vor Austrocknung geschützt, weniger stark erhitzt und die Bodenorganismen vor starken Temperaturschwankungen bewahrt (Kirchman,
2011). Auch in Trockenzeiten bzw. -gebieten stehen Zwischenfrüchte nicht in Wasserkonkurrenz zur Hauptfrucht und vermindern deren Ertrag nicht (Bodner et al.,
2011). Des Weiteren kann die prognostizierte erhöhte Stickstoffmineralisierung aufgrund höherer Temperaturen durch die Aufnahme in Zwischenfrüchte abgedämpft werden, wodurch potenzielle Nährstoffausträge reduziert werden (BAB,
2019; BMNT,
2017a).
Es gibt winterharte oder abfrostende Zwischenfrüchte. Erstere haben den Vorteil, dass sie den Stickstoff über den Winter binden, doch sie bilden ein umfangreiches Wurzelsystem aus, was bei Systemen mit minimaler Bodenbearbeitung zu Schwierigkeiten bzw. zur Notwendigkeit von Herbizideinsatz führen kann (Kriegner-Schramml,
2021). Eine diverse Zwischenfruchtmischung bietet viele Vorteile gegenüber einer Reinsaat, besonders bei einer Kombination von Leguminosen und Nicht-Leguminosen [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Eine artenreiche Mischung erhöht die Stressresistenz und die Wurzelbiomasse des Anbausystems. Die verschiedenen Arten ergänzen sich in ihren Wurzelsystemen und können Nährstoffe aus unterschiedlichen Tiefen bereitstellen (Gentsch et al.,
2020; Schmidt & Gläser,
2013). Darüber hinaus steigt die Netto-Aufnahme von CO
2 aus der Atmosphäre mit zunehmender Diversität der Zwischenfrüchte, und mehr Photoassimilate werden in die Wurzeln und den Boden transportiert. Dieser Eintrag stimuliert die mikrobielle Biomasse und Kohlenstoff bleibt länger im Boden (Gentsch et al.,
2020).
Auch Untersaaten sind geeignete Anpassungsmaßnahmen im Ackerbau [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Sie bieten eine Verringerung der Erosion (vor allem in Reihenkulturen wie Mais), tragen zum Humusaufbau bei, können das Aufkommen von Beikräutern unterdrücken und können je nach Artenwahl überschüssigen Stickstoff binden (BWSB,
2014; Enggist,
2019). Die Untersaat kann in Form einer einzelnen Art oder einer Mischung aus Gräsern (und Klee) mit der Deckfrucht oder kurz danach gesät werden (Berendes,
2014). Für eine optimale Entwicklung beider Kulturen darf die Konkurrenzkraft der Deckfrucht nicht höher als jene der Untersaat sein. Zusätzlich muss die Untersaat den Boden rasch bedecken und im Winter abfrieren, wenn sie zur Beikrautunterdrückung eingesetzt wird. Abzuwägende Nachteile dieses Anbausystems sind die Wasser- und Nährstoffkonkurrenz und potenzielle Ertragsverluste (bis zu 10 %) der Hauptfrucht (BWSB,
2014; Enggist,
2019).
Der Anbau von Mischkulturen (zeitgleiche Kultivierung von zwei oder mehr Arten) erhöht die Widerstandskraft gegen Klimaschwankungen, Unkrautdruck und Schaderreger und kann Erträge steigern [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung], da sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich eine an die aktuellen Witterungsverhältnisse angepasste Kulturart auf dem Feld befindet (Hohmann & Haug,
2019). In weiterer Folge können kompatible Mischkulturen und eine geeignete Fruchtfolge den Einsatz von Düngemitteln reduzieren und die Bodenstabilität positiv beeinflussen, vor allem bei Integration mehrjähriger Kulturen und/oder von Kulturen mit unterschiedlicher Wurzeltiefe (Bernard et al.,
2014). Tiefwurzler können dabei Wasser aus tieferen Bodenschichten in trockenere Bereiche befördern („hydraulic lift“) und Flachwurzler somit in trockeneren Zeiten mit Wasser versorgen (Bayala & Prieto,
2020). Diesen Potenzialen stehen höhere Kosten und größerer Aufwand für die Aussaat, Ernte und Trennung des Erntegutes entgegen. Zudem ergibt sich ein höherer Planungsaufwand, da die Arten gleichzeitig reifen müssen und eine Konkurrenz um Ressourcen zu vermeiden ist (Dierauer et al.,
2017; Fischl et al.,
2020). In Österreich wurden Mischkulturen aus Körnerleguminosen und Getreide in Feld- und Demonstrationsversuchen getestet. Dabei zeigte sich unter anderem eine beikrautunterdrückende Wirkung der Mischungen Wickroggen, Ackerbohne & Sommerhafer und Körnererbse & Sommergerste sowie eine Steigerung der Kornproteingehalte (und dadurch des Roherlöses) bei Wintererbse & Winterweizen und Winterackerbohne & Winterweizen. Die Ernte von Leguminosen-Getreide-Mischungen kann bei präziser Einstellung mit einem herkömmlichen Mähdrescher erfolgen, und Mischungen wie Ackerbohne und Weizen lassen sich durch Sieben gut trennen (Fischl et al.,
2020).
Eine weitere wirksame Anpassungsmaßnahme sind Landschaftselemente wie Hecken [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Aufgrund der Reduzierung der Windgeschwindigkeit (bis zu 60 %) vermindern Hecken die Winderosion sowie die unproduktive Verdunstung des Bodens und die Transpiration der Pflanzen. Infolgedessen können die Pflanzen in dem durch Hecken geschützten Gebiet Trockenperioden leichter überstehen und stabilere Erträge erbringen (Ableidinger et al.,
2020; BMNT,
2017a). Darüber hinaus erhöhen Hecken – und andere Landschaftsstrukturen wie Steinmauern, Blühflächen und Alleen – die Biodiversität, indem sie Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten und Rückzugsorte für seltene Arten schaffen und als biologische Korridore fungieren, in denen sich Tiere und Pflanzen wieder ausbreiten können. Diese hohe biologische Vielfalt hat auch positiven Einfluss auf angrenzende Flächen aufgrund der Regulierung von Schädlingen durch natürliche Feinde, der Stimulation des Bodenlebens und einer höheren Bestäuberleistung (Ableidinger et al.,
2020; Graf et al.,
2016). Der Erhalt von Landschaftselementen ist Teil der ÖPUL-Vorhabensart „Umweltgerechte und Biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung“, welche bereits auf etwa der Hälfte der Ackerflächen umgesetzt wird (BAB,
2019).
Ein anderer Ansatz erhöhter Vielfalt in der Landwirtschaft ist die Etablierung von Agroforstsystemen. Das sind Landnutzungssysteme, in denen Gehölze (Bäume oder Sträucher) mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung auf einer Fläche kombiniert werden, sodass signifikante ökologische und/oder ökonomische Synergien entstehen können (Nair,
1993). Die Wechselwirkungen zwischen Gehölzen und Ackerkulturen werden typischerweise bewusst genutzt und bieten Synergien wie den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, die Kontrolle von Schädlingen und Krankheiten, die Regulation des Mikroklimas, die Erhöhung von Kohlenstoffspeicherung und die Reduktion der Nitratauswaschung (Jacobi et al.,
2014; Lasco et al.,
2014). Die Gehölze bieten zudem Nährstoffnachlieferung und Windschutz, wodurch die Evaporation vermindert wird und mehr Wasser auf dem Standort verfügbar ist (Kanzler et al.,
2017; Petersen & Weigel,
2015). Durch die Diversifizierung des Lebensraums wird auch die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten stimuliert (Torralba et al.,
2016; Varah et al.,
2013). Aufgrund dieser Effekte werden Agroforstsysteme gleichzeitig als Anpassung an und Minderung des Klimawandels gesehen. Allerdings sind Agrarforstsystem häufig mit geringeren Erträgen (Bertsch-Hoermann et al.,
2021) verbunden [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung].
In Österreich werden kaum Agroforstsysteme etabliert, da die Gehölzflächen dem Forstgesetz unterliegen und somit nicht von den Instrumenten des österreichischen Agrarumweltprogramms gefördert werden (ARGE Agroforst,
n.\,d.). Darüber hinaus stehen der Etablierung von Agroforstsystemen hohe Anlage-, Pflege- und Erntekosten und die Notwendigkeit von langfristigen Investitionen entgegen (Herzog et al.,
2016). Systeme, die bereits doch etabliert wurden, sind beispielsweise Reihen von Obstbäumen oder Pappeln auf bzw. zwischen bewirtschafteten Ackerflächen in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark (Wallner,
2021). Auch die in Niederösterreich weit verbreiteten Windschutzhecken können aufgrund ihrer Wechselwirkungen mit einjährigen Ackerkulturen als Agroforstsysteme definiert werden. Eine historisch bedeutsame Form der Agroforstwirtschaft ist – neben Hecken – die Streuobstwiese, die ein bedeutsames Landschaftselement und einen der artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas darstellt. Jedoch gilt die Streuobstwiese in Österreich gegenwärtig als gefährdet aufgrund von Betriebsintensivierung oder Flächenumwidmungen (Waiss,
2019). Bestrebungen hinsichtlich einer rechtlichen Absicherung, einer einfacheren Förderabwicklung und verstärktem Wissenstransfer werden von der ARGE Agroforst betrieben (ARGE Agroforst,
n.\,d.).
Die Stabilisierung von Humus erfolgt durch Aggregatbildung und Anlagerung an Mineraloberflächen (überwiegend durch Mikroorganismen) und wird grundlegend von der mikrobiellen Gemeinschaft sowie physikalischen und chemischen Eigenschaften (z. B. Temperatur, Feuchtigkeit, Sauerstoff, Bodentextur, Mineralbestand) bestimmt. Die Bedingungen für mikrobielle Humusstabilisierung können durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung optimiert werden (Bodner et al.,
2020). Humusaufbauende Maßnahmen zeigen zu Beginn eine deutliche Steigerung des Humusgehaltes, die mit zunehmendem Gehalt über die Zeit abflacht. Um die Effekte abschätzen zu können, sind lange Zeitreihen mit regelmäßigen Messungen nötig. Die natürliche Sättigung des Humusgehaltes wird von Standortfaktoren wie Bodentextur, pH-Wert und Klima bestimmt. So weisen z. B. tonreiche Böden ein höheres Humuspotenzial auf als leichtere Böden (Bodner et al.,
2020). Humusaufbauende und -erhaltende Maßnahmen umfassen organische Düngung, konservierende Bodenbearbeitung, eine vielfältige und standortangepasste Fruchtfolge, Zwischenfruchtanbau und Zwischenbegrünung (Schönhart et al.,
2014; Steinwidder & Starz,
2016; BMNT,
2017b;
Abschn. 2.5.1,
2.5.1.5).
Der Zwischenfruchtanbau ist aufgrund der frischen Gründüngung wertvoll für den Humusaufbau, die zurückbleibenden Wurzeln leisten einen deutlichen Beitrag zur Humusbildung. Zudem trägt ein durchgehender Pflanzenbewuchs durch Ausscheidungen von Kohlenstoff über die Wurzeln und Aggregatbildung zum Humusaufbau bei (Weißhaidinger et al.,
2012; Bodner et al.,
2020). Zum einen bringen die Wurzelausscheidungen selbst Kohlenstoff und Stickstoff in den Boden ein, und zum anderen regen sie die Aktivität der Bodenorganismen an (Nannipieri et al.,
2008; Philippot et al.,
2013).
Da die mikrobiellen Gemeinschaften moderner Agrarsysteme oft durch Kohlenstoff limitiert sind, tragen organische Dünger zur Erhöhung der mikrobiellen Biomasse und Aktivität sowie des Humusgehaltes bzw. organischen Kohlenstoffs im Boden bei (Erhart & Hartl,
2010; Ros et al.,
2006; Zavattaro et al.,
2017). Regelmäßige Kompostdüngung erhöht zudem die Zahl der Regenwürmer, die Nährstoffverfügbarkeit und die Resistenz gegen Schädlinge und Krankheiten (BMLFUW,
2006; Erhart & Hartl,
2010). Die organische Düngung muss für eine Humusanreicherung allerdings regelmäßig durchgeführt werden, da das organische Material auch kontinuierlich von Mikroorganismen abgebaut wird (Bodner et al.,
2020). Der Gewinn an organischem Kohlenstoff im Boden impliziert zudem nicht unbedingt einen Beitrag zur Klimawandelminderung, da bei der Zersetzung auch CO
2 und N
2O emittiert werden (Sandén et al.,
2018) sowie keine Kohlenstoffsequestrierung aus der Atmosphäre erfolgt (
Abschn. 2.2,
5.1). Organische Düngung wird als humusaufbauende Maßnahme in der Wissenschaft kritisch diskutiert, da die organische Substanz oftmals von einem Standort an einen anderen verlagert wird und sich daher zwar als Anpassungsstrategie, aber nicht notwendigerweise auch zur Emissionsminderung eignet (Schlesinger & Amundson,
2019; Sykes et al.,
2020; Wiesmeier et al.,
2020).
Eine weitere Möglichkeit, den Humusgehalt des Bodens zu erhöhen, ist die Einarbeitung von Ernterückständen (z. B. von Zwischenfrüchten). Dieses Verfahren kann vor allem in viehlosen Ackerbaubetrieben und in Böden mit niedrigen Humuskonzentrationen vorteilhaft sein (Spiegel et al.,
2010). Auch wenn eingearbeitete Ernterückstände und Wirtschafsdünger kurzfristige Ertragsminderungen im Vergleich zu mineralischen Düngern bedingen können (Sandén et al.,
2018), sind organische Dünger dem Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zuträglich (Erhart & Hartl,
2010; Zavattaro et al.,
2017), wodurch die Produktion auf lange Sicht getragen werden kann. Der Einfluss landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsmaßnahmen auf die Humus- bzw. Kohlenstoffspeicherung in Böden und deren Trade-Offs wird ebenso in den
Abschn. 2.5.1.5,
5.1.1,
5.3.2.2 behandelt.
Eine Alternative für die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, die in der Wissenschaft große Aufmerksamkeit findet, ist der Einsatz von Biokohle („Biochar“). Studien zufolge sorgt Biokohle für eine höhere Speicherfähigkeit von Wasser und Nährstoffen im Boden und für vorteilhafte Bedingungen für Bodenorganismen (BMLFUW,
2017). Die Anwendung von Biokohle als Bodenzusatzstoff wird in den
Abschn. 2.2.4.2,
2.5.1.5,
5.2.2 erläutert.
Um die Bodenfunktionen bestmöglich zu fördern, kann die Bodenbearbeitungsweise an den Standort und die Fruchtfolge angepasst und kontinuierlich aufrechterhalten werden (Artman & Bockisch,
2003; Grosse & Heß,
2016; Spiegel et al.,
2007). Konservierende Bodenbearbeitung umfasst die dauerhaft pfluglose Bewirtschaftung („No-till“ bzw. Direktsaat) und die reduzierte Bodenbearbeitung (Reduzierung der Häufigkeit, Tiefe und/oder Fläche). Österreichische Berichte nennen als ökologische und wirtschaftliche Vorteile der Direktsaat eine Erhöhung der biotischen Aktivität und des Bodenkohlenstoffs sowie eine Reduktion der Treibhausgasemissionen, der Arbeitszeit und des Kraftstoffverbrauchs (Moitzi et al.,
2019; Szalay et al.,
2015; Zethner et al.,
2015). Langzeitversuche in Niederösterreich bestätigen eine Verringerung des Bodenabtrages bei „No-till“ (gänzlicher Verzicht auf Bodenbearbeitung) und Mulchsaat (nicht wendende Bodenbearbeitung zur oberflächlichen Einarbeitung von Ernterückständen; Klik & Rosner,
2020; Komissarov & Klik,
2020), da die Infiltrationskapazität des Bodens erhöht und die Bodenstabilität verbessert wird (Schomakers et al.,
2011). Mulchsaat und No-till sind in Trockenperioden eine wichtige Anpassungsmaßnahme [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung], da die Bodenbedeckung mit Ernterückständen und lebenden Pflanzen die Verdunstung senkt und das Wasserrückhaltevermögen erhöht (BMNT,
2017a; Huggins & Reganold,
2009; Zethner et al.,
2015). Dadurch steigt auch das Ertragspotenzial der Pflanzen, vor allem auf sandigen Böden (Blanco-Canqui & Ruis,
2018; Eitzinger et al.,
2013).
Mehrere Studien (Neugschwandtner et al.,
2020; Sandén et al.,
2018; Spiegel et al.,
2007) stellten fest, dass sich pflanzenverfügbare Nährstoffe in der obersten Bodenschicht (0–5 bzw. 0–10 cm) bei minimaler bzw. reduzierter Bodenbearbeitung im Vergleich zu konventioneller Bodenbearbeitung akkumulierten, während in tieferen Bodenschichten (nach 15–20 Jahren Bewirtschaftung) keine Managementeffekte gefunden wurden. Diese oberflächliche Akkumulation kann unter feuchten Klimabedingungen positive Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum haben, während die Nährstoffe unter anhaltender Dürre unzugänglich sein können (Sandén et al.,
2018).
Konservierende Bodenbearbeitung, vor allem No-till, hat sich in Österreich aufgrund der Beikraut regulierenden Wirkung des Pflügens nicht durchgesetzt. In der Praxis gehen pfluglose Varianten daher oft mit dem Einsatz von Herbiziden einher (Bernard et al.,
2014; Zethner et al.,
2015). Das Ausbringen von Herbiziden kann Oberflächengewässer oder das Grundwasser belasten (Klik,
2013; Klik & Rosner,
2020) und kann negative Auswirkungen auf Bodenmikroorganismen, die Resilienz und das Wurzelwachstum der Nutzpflanzen haben (Zethner et al.,
2015). Alternativen zur Beikrautbekämpfung sind der Einsatz von Grubber und Scheibenegge, das Striegeln, „Strip-till“ und eine Bedeckung des Bodens (Zethner et al.,
2015). Beispielsweise erlaubt eine hohe Biomasseproduktion der Zwischenfrucht eine reduzierte Bodenbearbeitung, wohingegen geringer Aufwuchs eine höhere Bodenbearbeitungsintensität zur Beikrautunterdrückung verlangt (Grosse & Heß,
2016).
Über die Ertragsleistung von Kulturpflanzen unter konservierender Bodenbearbeitung sind divergierende Forschungsergebnisse zu finden. Unter pannonischem Klima im Osten Österreichs wurden vergleichbare Erträge von Winterweizen zwischen Pflugbearbeitung, reduzierter Bodenbearbeitung und Direktsaat festgestellt, wobei Direktsaat in sehr trockenen Jahren höhere Erträge erzielte (Neugschwandtner et al.,
2015). Theurl et al. (
2015) fanden dahingegen eine Ertragsminderung bei Zuckerrüben unter reduzierter Bodenbearbeitung, und Rieger et al. (
2008) und Zikeli et al. (
2013) ermittelten deutlich niedrigere Erträge bei Weizen unter nicht wendender Bodenbearbeitung in der Schweiz und Deutschland.
In der biologischen Landwirtschaft werden Maßnahmen gesetzt, die die Bodenfruchtbarkeit durch den Eintrag organischer Substanz, vielfältige Fruchtfolgen (inklusive Zwischenfruchtanbau, Begrünungen) und eine dauerhafte Bodenbedeckung erhöhen (Weißhaidinger et al.,
2012). Diese Diversität fördert zudem die Resilienz gegenüber Schadorganismen, Unkräutern und extremen Wetterereignissen wie Dürre (Steinwidder & Starz,
2016). Auch wenn die Erträge im Biolandbau im Allgemeinen geringer sind, wurden unter wasserlimitierenden Bedingungen in biologisch bewirtschafteten Feldern höhere Ernteerträge als in konventionell bewirtschafteten verzeichnet (Badgley et al.,
2007; Hepperly et al.,
2006). Dieser Umstand und der verminderte bzw. fehlende Einsatz von leicht löslichen Mineraldüngern und Herbiziden machen den Biolandbau nachhaltig und bedeutsam für die Klimawandelanpassung (BAB,
2019; Fließbach et al.,
2008). Im Biolandbau können trotz Verzichts auf den Einsatz von Mineraldüngern erhebliche Nährstoffmengen durch die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern auf die Flächen gebracht werden. Diesbezügliche Unterschiede zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft sind nicht eindeutig nachgewiesen, und die Grenzwerte der EU-Nitratrichtlinie können bei beiden Bewirtschaftungsformen überschritten werden (Biernat et al.,
2020; Kirchmann & Bergström,
2001).
Da der Großteil dieser Anpassungsentscheidungen auf lokaler bzw. betrieblicher Ebene von Landwirt_innen getroffen wird, ist die Einbeziehung der zugrundeliegenden sozialen Prozesse eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Nach einer Studie von Mitter et al. (
2019) entscheiden sich Landwirt_innen nur dann für Anpassungsmaßnahmen, wenn sie effektive Maßnahmen kennen, Eigenverantwortung annehmen und die verbundenen Kosten positiv bewerten. Deshalb empfehlen die Autor_innen bei Informationsstrategien die Einbindung von regionalen und betriebstypspezifischen Bedürfnissen und Herausforderungen, Anpassungskosten sowie Nutzen für den Betrieb.
Als häufigster abiotischer Stress in Ost- und Zentraleuropa kann Trockenheit zu enormen Ertragsverlusten besonders bei Getreide und Leguminosen führen (Brandstetter et al.,
2019; Eitzinger et al.,
2013; Patil et al.,
2010). Hitzestress kann neben Ertragsverlusten auch Veränderungen von Qualitätsparametern (z. B. Proteinqualität und -quantität von Getreide, Ölgehalt von Raps) verursachen (Gömann et al.,
2017; Semenov & Shewry,
2011). Hitzestress bei Kulturpflanzen wirkt sich demnach auch auf die funktionellen Eigenschaften für die Verarbeitung und den Verzehr ihrer Ernteprodukte aus (Weigel et al.,
2014). In Österreich sind die Pflanzenbestände der pannonischen Region oft Hitze- und Trockenstress ausgesetzt (Flamm et al.,
2012). Dementsprechend ist die Selektionierung von hitze- und trockenheitstoleranten Sorten, die eine stabile Jugendentwicklung und Kühltoleranz aufweisen, notwendig (BMNT,
2017a; Brandstetter et al.,
2019).
Eine Alternative zur Selektierung aus heimischen Arten ist die Etablierung von Kulturarten aus wärmeren Gegenden, wie z. B. Hirse, Linsen und Esparsette (Christen,
2008). Eitzinger und Kersebaum (
2016) finden infolge der Temperaturerhöhung eine Ausweitung potenzieller Anbaugebiete in bislang zu kühle Regionen vor.
Die Züchtung einer Sorte dauert 8–13 Jahre. Es gibt Handlungsbedarf, um rechtzeitig angepasste Sorten zur Verfügung zu haben (BMNT,
2017a). Eine Möglichkeit besteht in der Prüfung (alter) einheimischer Sorten hinsichtlich ihrer Klimasensitivität (Weigel,
2011). Dahingehende Bemühungen werden z. B. im Projekt KLIMAFIT unternommen, (Brandstetter et al.,
2019). In Forschungsprojekten, wie z. B. Wheat Stress (2009–2011) und Efficient Wheat (2012–2013), wurden trockenstresstolerante Genotypen von Weizen und Eigenschaften in Zusammenhang mit Trockenstress identifiziert. Durch einen Austausch mit anderen Ländern könnte der Genpool erweitert werden (Majer et al.,
2008).
Um mehr Diversität und Anpassungsfähigkeit an klimatische Veränderungen in der Pflanzenzüchtung zu erreichen, sind verwandte Wildarten von Nutzpflanzen eine wichtige Ressource [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Wildarten weisen oft größere Resistenz gegen hohe Temperaturen und Trockenheit sowie gegen Schädlinge und Krankheiten auf (Kilian et al.,
2021). Toleranz gegenüber Trockenheit kann beispielsweise bei Gerste, Kichererbse und Sonnenblume durch die Nutzung von Wildarten gestärkt werden (Dempewolf et al.,
2014). International gibt es diesbezüglich Bestrebungen (z. B. das Crop Wild Relatives Global Portal; Biodiversity International,
2022), wohingegen diese Methode in Österreich noch nicht angewandt wird. Ein großes Potenzial wird auch in der Anwendung von Mikrobiomen der Pflanzen und des Bodens gesehen. Durch die Selektion und Züchtung von Pflanzen hinsichtlich ihrer Assoziation mit nützlichen Mikroorganismen können Toleranzen gegen Trockenheit, Salzgehalt und Pathogene verbessert und Erträge und die Nährstoffnutzungseffizienz gesteigert werden (Compant et al.,
2019; Hussain et al.,
2018).
Das Wachstum von Sommergetreidearten wird durch Frühjahrstrockenheit und Hitze im Sommer beeinträchtigt, weshalb sie zunehmend von Wintergetreidearten ersetzt werden. Diese können die Feuchtigkeit in den Wintermonaten besser nutzen (Amt der oberösterreichischen Landesregierung,
2013). Das Spektrum von wintertauglichen Kulturarten erweitert sich nun als Folge der seltener auftretenden Frostereignisse. Damit kommen Sorten von Winterhafer und Winterleguminosen vermehrt zum Einsatz (Christen,
2008). Darüber hinaus trägt die Optimierung des Aussaattermins zur Anpassung bei. Gemäß Modellierungen von Ebrahimi et al. (
2016) können höhere Weizenerträge im Marchfeld als derzeit üblich unter zukünftigen Klimabedingungen durch eine frühe Aussaat im September mit einer früheren Düngung erreicht werden. In Praxisversuchen zeigte eine frühe Aussaat im Trockengebiet jedoch negative Effekte auf den Ertrag von Winterweizen aufgrund der erhöhten Anfälligkeit für Virosen (AGES,
2021). Eine allgemeingültige Einschätzung der Vorteile frühreifer Kulturpflanzen ist kaum möglich, da die Literatur dazu sehr spärlich ausfällt und weil ihr Erfolg von der Kulturart, der Witterung des jeweiligen Jahres und den Entwicklungsstadien der Pflanze abhängt (AGES,
2021).
Ein übereinstimmend berichteter Trend ist, dass erhöhte Temperaturen eine Verschiebung des Verbreitungsgebietes von Schadorganismen weiter nach Norden und/oder in größere Höhenlagen bewirken können (Heeb et al.,
2019; Huss,
2013; Svobodová et al.,
2014) und zu einer Steigerung der Reproduktionsraten, der Vitalität, des Wachstums und der Lebendüberwinterung führen können (Bernard et al.,
2014; Eitzinger et al.,
2013; Krengel et al.,
2014). Durch die erhöhte Mobilität von Viren übertragenden Insekten infolge steigender Herbsttemperaturen nimmt auch das Risiko von Viruseinträgen (z. B. Verzwergungsviren) in frisch aufgekeimtes Wintergetreide zu (Huss,
2013). Extremwetterereignisse wie langanhaltende Niederschläge können das Auftreten von bisher unbekannten Schadorganismen begünstigen (Huss,
2013).
Des Weiteren begünstigen die klimatischen Änderungen die Einwanderung und Etablierung invasiver Arten (Heeb et al.,
2019; Krengel et al.,
2014). Ein Beispiel ist der Maiswurzelbohrer, der in den 1990er-Jahren nach Europa eingeschleppt wurde und seither Schäden an Maiskulturen hinterlässt (Grabenweger,
2008). Seine Ausbreitung wird durch milde Winter und heiße Sommer mit ausreichend Niederschlag und durch fehlenden Fruchtwechsel begünstigt (Falkner et al.,
2019). Invasive Pflanzenarten können aufgrund ihrer zum Teil hohen Nährstoffnutzungskapazität heimische Kulturarten rasch überwuchern. Ein Beispiel dafür ist das Beikraut
Ambrosia (Ragweed), welches die Ernten von Ölkürbis und Soja um 50 % mindern kann (Landwirtschaftskammer Steiermark,
2020).
Die klimatischen Veränderungen führen zu einem vermehrten Auftreten von Krankheiten und Schädlingen, wie man beispielsweise am verheerenden Befall von Kartoffeln und Zuckerrüben durch Drahtwurm und Rüsselkäfer im Jahr 2018 festmachen kann (BMNT,
2019a). Eine Möglichkeit, dieser Gefährdung entgegenzuwirken, ist die Förderung von Resistenz und Standfestigkeit gegenüber Schaderregern in der Pflanzenzucht und Sortenprüfung (Amt der oberösterreichischen Landesregierung,
2013; VLK,
2019). Eine Kulturart, für die der Infektionsdruck durch Schadorganismen durch die sich verändernden Umweltbedingungen besonders steigt, ist die Kartoffel (Brandstetter et al.,
2019).
Allgemeingültige Vorhersagen über die Dynamik von Schadorganismen und Krankheiten und universale Bekämpfungsstrategien sind nicht möglich, da der fortschreitende Klimawandel sowohl positive als auch negative Effekte auf eine bestimmte Art ausübt. Für eine robuste Prognose müsste jede Art einzeln bewertet werden (Lehmann et al.,
2020). Da das Wissen über die Ausbreitungsmuster spärlich ist und konkrete Lösungen zur Eindämmung der Schadorganismen und Krankheiten benötigt werden, kommt der Forschung eine hohe Priorität zu (BMNT,
2017a; Landwirtschaftskammer Steiermark,
2020). Monitoring ermöglicht die Entwicklung prognostizierender Modelle und damit die Identifikation von gefährdeten Gebieten unter diversen Landnutzungs- und Klimawandelszenarien sowie die Einschätzung des (ökonomischen) Schadenpotenzials (Falkner et al.,
2019). Basierend darauf können gezielte Präventionsmaßnahmen in der landwirtschaftlichen Praxis ergriffen werden (Heeb et al.,
2019).
Ein Puffer gegenüber dem erhöhten Schädlings- und Krankheitsdruck kann durch eine vielfältige Fruchtfolge, ausgewogene Düngung, eine aktive Bodenfauna und Förderung von Nützlingen durch Landschaftselemente geschaffen werden [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Auch die gezielte Resistenzzüchtung stellt eine wichtige Bewältigungsstrategie dar (Bernard et al.,
2014; Huss,
2013). Eine vielfältige Fruchtfolge wird z. B. gegen den Maiswurzelbohrer als effektive Bekämpfungsstrategie berichtet, da er sich bei räumlich und zeitlich ausgedehnten Maisbeständen ungehindert ausbreiten kann (Falkner et al.,
2019; Feusthuber et al.,
2017). Durch den Anbau alternativer Futtermittel, wie z. B. Hirse, kann der Maisanteil im Ackerbau zusätzlich vermindert werden (Zukunftsraumland,
n.\,d.). Die natürliche Schädlingsregulation kann mithilfe von künstlich angelegten Blühstreifen gesteigert werden, in welchen die spezifischen Gegenspieler der Schadorganismen gefördert werden (Balmer et al.,
2012). Des Weiteren können pflanzenstärkende Maßnahmen und eine biologische Bekämpfung durch das Einbringen natürlicher Feinde eingesetzt werden (Grabenweger,
2008).
Die Anpassungsmaßname eines erhöhten Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln wird in der Literatur kritisch gesehen (Bernard et al.,
2014) [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Das deutsche Umweltbundesamt identifizierte in einer Literaturstudie (Brühl et al.,
2015) Pflanzenschutzmittel und Biozide als den Faktor mit den meisten negativen Effekten auf die Biodiversität (von 18 analysierten Faktoren). Die Studie zeigte Beeinträchtigungen von wirbellosen Tieren (z. B. Wildbienen, Laufkäfer, Schwebfliegen) auf, die als Bestäuber, Räuber oder Zersetzer fungieren und dadurch unentbehrliche Rollen im Ökosystem erfüllen. Der Rückgang von Bestäubern mindert wiederum die Bestände von Wildpflanzen (IPBES,
2016). Zudem wird die Biodiversität durch Pestizideinsatz auch indirekt über das Nahrungsnetz geschädigt, indem diversen Tieren die Nahrungsgrundlage genommen wird (Niggli et al.,
2020).
Für einen wirksamen Pflanzenschutz sind darüber hinaus der Ausbau von Warndiensten, die Ausarbeitung von Bekämpfungsstrategien und der Einsatz neuer genetischer Ressourcen dienlich (BMNT,
2017a; Eitzinger et al.,
2013; Heumesser et al.,
2012). Heeb et al. (
2019) betonten darüber hinaus die Wichtigkeit der politischen Koordination aller involvierten Stakeholder_innen.
Diese Prognosen machen deutlich, dass die natürliche Wasserverfügbarkeit für die Pflanzen zu einem ertragslimitierenden Faktor wird und die Anpassung des landwirtschaftlichen Wassermanagements essenziell für die zukünftige Produktionssicherung ist [mittlere Evidenz, hohe Übereinstimmung], wobei die Steigerung der Wassereffizienz (Leitthema „More crop per drop“) im Zentrum stehen sollte (Heumesser et al.,
2012). Es stehen verschiedene ackerbauliche, technische und politische Maßnahmen zur Verfügung, die an den Standort anzupassen sind.
Da eine künstliche Bewässerung aufgrund mangelnder Wasserverfügbarkeit nur auf Teilen der landwirtschaftlichen Fläche Österreichs möglich ist, wird die Steigerung der ackerbaulichen Wassernutzungseffizienz mittels Optimierung von Bodenbearbeitung und Steigerung der Bodenbedeckung, des Humusgehalts und der Durchwurzelungstiefe gefördert und auch praktiziert (
Abschn. 5.1.1; Gollner et al.,
2019; Grocholl,
2011). Beispielsweise wird durch die Verbesserung der Bodenstruktur und durch den Anbau tiefwurzelnder Kulturen der Bodenwasservorrat ergiebiger genutzt (VLK,
2019). Winterfrüchte haben einen Vorteil bei Wasserstress gegenüber Sommerfrüchten, da das bereits tiefere Wurzelsystem im Frühjahr die Bodenwasserressourcen besser nutzen kann (Bodner et al.,
2016). Der Umstieg von Pflugbearbeitung auf minimale Bodenbearbeitung vermindert die unproduktive Verdunstung, wodurch gemäß Modellierungen das Ertragspotenzial von Kulturpflanzen verbessert werden kann (bis zu 10 % bei Winterweizen; Eitzinger et al.,
2013). Reduzierte Bodenbearbeitung (nicht wendende Bearbeitung) wird derzeit auf rund 29 % der österreichischen Ackerfläche angewandt, wohingegen nur auf 2 % der Ackerfläche eine Bestellung des Feldes ohne Bodenbearbeitung (Direktsaat) erfolgt (Statistik Austria,
2018). Zudem mindern eine permanente Bodenbedeckung und Windschutzanlagen, z. B. Hecken, die unproduktive Evaporation (Ableidinger et al.,
2020; BMNT,
2017a; Eitzinger et al.,
2013). Diese Möglichkeiten werden bereits in nennenswertem Ausmaß genutzt und sind Bestandteil von Fördermaßnahmen des Agrarumweltprogramms (BMLRT,
2021).
Ein Ansatzpunkt ist der Einsatz effizienter Bewässerungstechnik sowie eine an das Bewässerungssystem, den tatsächlichen Pflanzenwasserbedarf und die Bodeneigenschaften angepasste Bewässerungsplanung und -steuerung (BMNT,
2017a; Eitzinger et al.,
2013). Die Effekte einer Bewässerung hängen von den Standortfaktoren ab. Einerseits kann die Bewässerung eine verbesserte Aufnahme von Stickstoff im Vergleich zu Trockenperioden bedingen (Fricke,
2009), doch andererseits kann sie auf sandigen Böden zu erhöhter Nitratauswaschung und Ertragsverlusten führen (Eitzinger et al.,
2013). Als eine effiziente Bewässerungstechnik wird die Tropfbewässerung bewertet, die jedoch aufgrund der hohen Investitionskosten nur vereinzelt eingesetzt wird (Heumesser et al.,
2012). Andere moderne Techniken inkludieren Kreis- und Linearberegnung und mobile Beregnungsmaschinen mit optimierter Steuerung (Schimmelpfennig et al.,
2018). Eine bedarfsorientierte Steuerung der Bewässerung wird durch Messungen des Bodenmatrixpotenzials oder der Bodenfeuchte (Dabach et al.,
2015; Nolz et al.,
2016; Nolz & Loiskandl,
2017) sowie durch Bestimmung von pflanzenbezogenem Pflanzenwasserstatus und Stressindices mit Hilfe von Fernerkundungsmethoden ermöglicht (Romero-Trigueros et al.,
2019), aber noch kaum praktiziert. Aufgrund der hohen Kosten und eingeschränkten Umsetzbarkeit wird eine Beregnung in Österreich zurzeit lediglich für hochpreisige Marktfrüchte als effektiv bewertet (Schönhart et al.,
2014).
Im Falle der Errichtung einer Bewässerungsanlage ist dem kritischen Aspekt der Wasserquelle große Bedeutung zu schenken. Die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser kann zu einer Beeinträchtigung der Grundwasserqualität, der Bodenqualität und der Wasserökologie sowie zur Absenkung des Grundwasserspiegels führen (BMNT,
2017a; de Graaf et al.,
2019; Müller et al.,
2007). Da sich bei der Wasserentnahme konkurrierende Nutzungen (z. B. Energiebereitstellung durch Wasserkraft) ergeben können, sollten vorab Erhebungen zu langfristigen Entnahmekapazitäten des betreffenden Gebiets durchgeführt werden (BMNT,
2017a). Darüber hinaus wird vor allem unter Anbetracht voraussichtlicher Trockenperioden die Errichtung von Speicherteichen angeraten (Amt der Steiermärkischen Landesregierung,
2017). Vielversprechend, aber noch weniger etabliert, ist der Ansatz, die Wassereffizienz durch die Nutzung alternativer Wasserquellen zu verbessern, wie z. B. Regenrückhaltebecken oder aufbereitetes Abwasser (VLK,
2019).
Neben den technischen Innovationen nennt die Europäische Umweltagentur (EEA,
2009) auch die Etablierung von spezifischer Beratung für Landwirt_innen und Politikmaßnahmen wie Subventionen für effiziente Wassernutzung und Wasserpreisgestaltung. Eine ganzheitliche Evaluierung des landwirtschaftlichen Wassermanagements über die regionale Wasserverfügbarkeit, den Wasserbedarf und die Effektivität und Wirtschaftlichkeit diverser Wassermanagementsysteme, wie sie in Deutschland (Dietrich et al.,
2015) erfolgte, fehlt in Österreich noch.
Die Effizienz kann durch bedarfsgerechte Düngung erhöht werden (Barraclough et al.,
2010; Spiegel et al.,
2021). Optimale Düngung erfordert die Berücksichtigung der Nährstoffe aus der Vorfrucht, der Bodeneigenschaften, des Nährstoffbedarfs und der vorherrschenden Wetterbedingungen wie auch eine Optimierung der Fruchtfolge (BMNT,
2017a; Spiegel et al.,
2021) und könnte durch eine Analyse des pflanzenverfügbaren mineralischen Stickstoffs (N
min) im Boden im Frühjahr und Chlorophyllmessungen des Pflanzenbestandes, wie es z. B. auf Referenzflächen des Nitrat-Informationsdienstes (NID) durchgeführt wird, unterstützt werden (Spiegel et al.,
2009). Überdies erlauben Precision-Farming-Technologien mithilfe von Satelliten- und Sensordaten, unterstützt durch GPS-gesteuerte Maschinen, räumlich bedarfsgerechte N-Düngungsraten mit einer hohen Stickstoffnutzungseffizienz, wodurch die Erträge mit einem Minimum an N-Verlusten gesteigert werden (Spiegel et al.,
2021).
Anbaumethoden, die den Nährstoffaustrag reduzieren, sind Zwischenfruchtanbau und Winterbegrünung, vor allem in Regionen mit viel Niederschlag im Winter (BMNT,
2017a; Kaye & Quemada,
2017). Des Weiteren sollten die Unterschiede der Düngerarten (mineralisch vs. organisch) hinsichtlich der Nährstoffmineralisierung, und die sachgerechte Düngerausbringung und -einarbeitung in die Planung miteinbezogen werden (Amon,
2014; Mayer & Mäder,
2016). N-Verluste können darüber hinaus durch den Einsatz von Düngern mit kontrollierter N-Freisetzung und von (biologischen) Nitrifikationsinhibitoren verringert werden (Osterburg & Runge,
2007). Dadurch wird die Umwandlung von Ammonium zu Nitrat verzögert, was vor allem bei unregelmäßigen Wetterbedingungen, wie z. B. sehr hohen Niederschlägen nach der Düngerausbringung, zu mehr Ertragssicherheit führt. Des Weiteren können damit Lachgasemissionen um 20–80 % reduziert werden, jedoch variieren die Effekte in Abhängigkeit von Standort und Klima sehr stark (Dersch & Spiegel,
2020).
Leguminosen in der Fruchtfolge können den Bedarf an (mineralischen) Düngern reduzieren, da sie der Folgefrucht fixierten Stickstoff bereitstellen. Jedoch muss bei einer solchen Änderung der Fruchtfolge eine potenzielle Abnahme der Energieproduktion und der wirtschaftliche Verlust für die Landwirt_innen bedacht werden (Amon,
2014). Um diesen Erschwernissen für die Landwirt_innen entgegenzuwirken, kann eine Weiterentwicklung der Direktzahlungen für klimawandelangepasstes Düngemanagement erfolgen, wie in der Österreichischen Strategie zur Klimawandelanpassung empfohlen (BMNT,
2017a). Neben Direktzahlungen sind verstärkte Beratung und Bewusstseinsbildung, gesetzliche Regelungen, freiwillige ÖPUL-Maßnahmen und intensivierte Kollaboration zwischen Wissenschaft, Beratung und Praktiker_innen wichtige Steuerungsinstrumente (Amon,
2014; BAB,
2019; BMNT,
2017a).
4.2.2 Grünland
In Österreich werden 1,34 Mio. ha, das ist annähernd die Hälfte der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche, als Grünland bewirtschaftet. Flächenmäßig ist Dauergrünland damit die wichtigste Kulturart und vor allem im klimatisch und topografisch benachteiligten Berggebiet das prägende Element alpenländischer Kulturlandschaft. Die Wiesen und Weiden des Wirtschaftsgrünlandes bilden als Grundfutterquelle (Grünfutter, Silage, Heu) die zentrale Lebensgrundlage für knapp die Hälfte aller landwirtschaftlichen Betriebe Österreichs (BMLRT,
2020).
In Abhängigkeit von Bodeneigenschaften, Seehöhe, Hangneigung und klimatischen Bedingungen bietet das Wirtschaftsgrünland eine große Bandbreite unterschiedlicher Nutzungstypen, die von intensiver Bewirtschaftung mit hoher Schnitthäufigkeit und darauf abgestimmter Düngung in den Gunstlagen bis hin zu extensivster Nutzung auf Almen reicht. Mit dieser Vielfalt erfüllt das Grünland neben der Bereitstellung von Grundfutter für die nachhaltige Milch- und Fleischproduktion weitere Aufgaben, wie zum Beispiel den Schutz vor Bodenerosion, die Sicherung der Wasserqualität oder die Speicherung von Kohlenstoff (Le Clec’h et al.,
2019; Pötsch,
2010). Vor allem extensiv bis mäßig genutztes Grünland weist eine hohe Biodiversität auf (Ellmauer,
2019; Isselstein,
2018). Gerade diese wertvollen Flächen geraten zunehmend unter Druck, weil ihre Nutzung aufgegeben oder intensiviert wird. Zudem fällt Grünland mehr und mehr der Versiegelung zum Opfer oder wird vor allem in den Gunstlagen umgebrochen und als Ackerland genutzt (Ellmauer,
2019; Isselstein,
2018). Grünland in einer abwechslungsreichen, alpenländisch geprägten Landschaft bietet Raum für Erholung und Freizeitgestaltung und stellt deshalb für den Tourismus einen bedeutenden Mehrwert dar (Parente et al.,
2012).
Für viele landwirtschaftliche Kulturen sind niedrige Temperaturen und eine damit einhergehende kürzere Vegetationsperiode in klimatisch benachteiligten Regionen limitierende Faktoren. Grünland passt sich jedoch bei standortgerechter Bewirtschaftung unterschiedlichen Bedingungen gut an und kann in den meisten Lagen produktiv genutzt werden (Pötsch,
2012). Allerdings ist der Wasserbedarf mit mindestens 700 l kg
\({}^{-1}\) Trockenmasse im Grünland vergleichsweise hoch, sodass in den Grünlandgrenzlagen ein Jahresniederschlag von mindestens 700–800 mm erforderlich ist (Bohner & Eder,
2006; Carlsson et al.,
2017; Chmielewski,
2011).
Eine entsprechende Wasserversorgung als Voraussetzung für gute Erträge wird insbesondere im Bergland und in Staulagen meist erreicht. Mit der Klimaveränderung einhergehende Temperaturzunahmen und ungleichmäßigere Niederschlagsverteilungen erhöhen vor allem in inneralpinen Trockenlagen und im östlichen Flachland das Risiko von extremen Dürreperioden, die sich auch auf das sonst robuste Grünland auswirken (Eitzinger et al.,
2009a; Frenck et al.,
2018; IPCC,
2016; Chimani et al.,
2016). Ergebnisse des Freilandexperimentes ClimGrass an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein zur Erforschung der Klimafolgen für das Ökosystem Grünland zeigen signifikante Auswirkungen der Klimaveränderung auf Pflanzenbestandszusammensetzung, Ertrag, phänologische Entwicklung und Bodenwasserhaushalt (Pötsch et al.,
2019a,
b).
Erfolgt keine Anpassung der Schnitthäufigkeit, so werden höhere Temperaturen speziell in wärmeren Jahren auch in Regionen mit ausreichenden, aber ungünstig verteilten Niederschlägen zu Ertragsrückgängen führen (Schaumberger et al.,
2019) [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Dies ist unter anderem auf Veränderungen des Pflanzenbestandes zurückzuführen, wo sich zwar trockentolerante Gräserarten wie Knaulgras oder Glatthafer stärker durchsetzen, der Anteil an Futtergräsern insgesamt aber abnimmt und durch Kräuter ersetzt wird (Dumont et al.,
2015; Schaumberger et al.,
2019). Tritt dazu Dürre auf, reduziert sich der Ertrag noch einmal stärker als unter aktuellen klimatischen Bedingungen (Pötsch et al.
2019b). Während der Trockenmasseertrag vor allem bei einer deutlichen Klimaveränderung (RCP 8.5) ohne Anpassungsmaßnahmen künftig sowohl unter Normal- als auch noch stärker unter Extrembedingungen zurückgeht, zeigt sich bei der Veränderung des Futterwertes kein einheitliches Bild (Jäger et al.,
2020), jedoch eine starke Abhängigkeit vom jeweiligen Pflanzenbestand (Küchenmeister et al.,
2014). Trockenheit hat nach Meisser et al. (
2015) einen viel geringeren Einfluss auf die Futterqualität als auf den Ertrag.
Trockengestresste Pflanzenbestände regenerieren im Grünland rasch, und in Folgeaufwüchsen stellt sich durch erhöhte Stickstoffverfügbarkeit, stärkere Wurzelbildung sowie Reserveeinlagerungen ein kompensatorischer Mehrertrag ein (Hofer et al.,
2017,
2016). Führt eine längere und intensive Dürre zu irreversiblen Schäden, sodass keine natürliche Regeneration des Pflanzenbestandes möglich ist, wird eine Nachsaat oder Neuansaat notwendig, vorzugsweise mit trockentoleranten Arten bzw. Mischungen. Das höhere Risiko von Ertragsausfällen erfordert eine optimale Abstimmung zwischen Ertragsniveau und Tierbestand, bei der auch eine entsprechende Futterreserve berücksichtigt werden sollte.
Klimasimulationen mit höheren Temperaturen und CO
2-Konzentrationen (Kruijt et al.,
2008; Slavitsch et al.,
2019). Pötsch et al. (
2019b) zeigen, dass in warmen und trockenen Jahren die Verdunstung (Evapotranspiration) zunimmt, Bodenwassergehalte und Sickerwasserraten deutlich abnehmen, eine höhere CO
2-Konzentration die negativen Effekte von Erwärmung und Trockenheit auf den Wasserhaushalt jedoch teilweise kompensiert [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung]. Auch der Nutzungstyp kann die Vulnerabilität einer Grünlandfläche in Zeiten der Dürre maßgeblich beeinflussen. So verstärkt beispielsweise eine intensive Weidenutzung (Kurzrasenweide) im Gegensatz zur Schnittnutzung die negativen Folgen von Trockenperioden auf Ertrag und Pflanzenbestand (Deléglise et al.,
2015). Während die Weidehaltung in Regionen mit ausreichenden Niederschlägen eine effiziente Form der Grünlandnutzung darstellt, ist sie in den Grünlandgrenzlagen mit nicht mehr als 800 mm Jahresniederschlägen und höherer Trockengefährdung nur bedingt und dann eher als Koppelweide geeignet (Starz et al.,
2013).
Mit steigenden Temperaturen und eingeschränkter Wasserverfügbarkeit ist eine Umstellung auf Kulturarten mit geringerem Wasserbedarf wie Silomais oder Getreide in umbruchfähigen Lagen zu erwarten. Problematisch ist dies deshalb, da das Dauergrünland mit vergleichsweise hohen Humusgehalten in einem stabilen, fruchtbaren und gut durchwurzelten Oberboden einen positiven Beitrag zum Kohlenstoffhaushalt leistet, der bei einem Umbruch verloren geht (Janssens et al.,
2005; Reinsch et al.,
2018; Vleeshouwers & Verhagen,
2002). Standortangepasste Bewirtschaftung und die Versorgung der Flächen mit Wirtschaftsdüngern fördern den Aufbau von Bodenhumus und tragen wesentlich zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit bei (Pötsch,
2010). Die Erhaltung von Grünlandflächen leistet daher einen wesentlichen Beitrag für den Klimaschutz.
Mit einer laufenden Beobachtung von Grünlandbeständen und einer genauen Schätzung von Ertrag und Qualität bietet sich die Möglichkeit, Managementmaßnahmen wie Pflege, Düngung und Ernte zielgerichtet zu planen und in Hinblick auf Klimaveränderungen anzupassen. So bietet ein satellitenbasiertes Monitoring in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung mit daraus abgeleiteten Vegetationskennwerten („Normalized Difference Vegetation Index“, NDVI) effiziente Möglichkeiten, Ertragszuwächse und Qualitätsveränderungen auf Grünlandflächen zu bestimmen (Guerini Filho et al.,
2020; Siegmund et al.,
2019). Modelle auf Basis von Wetter- und Satellitendaten befinden sich zwar noch weitgehend im Entwicklungsstadium, werden jedoch einen wertvollen Beitrag für die Digitalisierung in der Grünlandwirtschaft liefern (Klingler et al.,
2020; Schaumberger et al.,
2019). Vor allem die Möglichkeit einer regionalen Schätzung von Erträgen ist die Voraussetzung für Grundfutterbilanzen zur Planung eines regionalen Ausgleichs zwischen trockenheitsbedingten Defiziten und den Überschüssen in Gunstlagen. Im Zuge der Klimaveränderung kann dies eine Maßnahme darstellen, die bei extremen Dürreereignissen eine flächendeckende Futterversorgung des Viehbestandes weiter gewährleistet und den Bedarf kurzfristig überbrückt.
Die Anpassungsmöglichkeiten von Pflanzen an Trockenstress sind sehr vielfältig. Während die meisten Gräser ihren Hauptwurzelhorizont in den obersten 10–20 cm des Bodens ausbilden (Staniak & Kocon,
2015), dringen verschiedene Kräuter und auch einige Leguminosen und Gräser (z. B. Luzerne und Rohrschwingel) mit ihren Wurzeln über einen Meter in den Boden ein und können somit die Wasserreserven der tieferen Bodenschichten nutzen.
Auch auf Sortenebene finden sich einige Ansätze, die Trockenresistenz festzustellen und den Züchtungserfolg zu verbessern (Ebrahimiyan et al.,
2013; Walter et al.,
2012). Hinsichtlich Trockentoleranz kommt der Verwendung von regionalen Herkünften eine große Bedeutung zu, da die daraus abgeleiteten Sorten ideal auf die vorherrschenden Standorteigenschaften angepasst sind. Ebenso werden verschiedene Inhaltsstoffe auf ihre Möglichkeiten zur Verbesserung der Trockenresistenz untersucht (Abtahi et al.,
2018; Ebrahimiyan et al.,
2013). Von zunehmend größerer wirtschaftlicher Bedeutung sind Blattflecken- und Rosterkrankungen sowie eingeschleppte Krankheiten, wie beispielsweise der Südliche Stängelbrenner bei Rotklee (Krautzer & Graiss,
2015), auf die die Futterpflanzenzüchtung bereits mit entsprechenden Zuchtprogrammen reagiert. Mögliche Anpassungsmaßnahmen und -strategien der Züchtung für inneralpine Pflanzenbestände sind
-
eine Erweiterung des Artenspektrums in Grünlandmischungen für trockengefährdete Standorte,
-
eine Intensivierung der Zucht auf trockenresistente Sorten unter Einsatz neuer Methoden, um Zuchterfolge schneller zu erkennen, und
-
eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber den bereits etablierten und neu auftretenden Krankheiten und Erregern als Zuchtziel neuer Sorten.
Neben den spezifischen Sorteneigenschaften kommt der Mischungsgestaltung große Bedeutung zu. Durch die Kombination von verschiedenen Sorten und Arten unter Einbeziehung ihrer funktionalen Merkmale kann sich der Bestand gut an widrige Witterungsbedingungen anpassen und so Ertragsausfälle deutlich verringern (Haughey et al.,
2018; Komainda et al.,
2020; Prieto et al.,
2015).
Höhere Temperaturen und damit eine längere Vegetationsperiode (Chimani et al.,
2016) fördern die Produktivität auf Almen, welche zurzeit noch aufgrund niedriger Temperaturen und kurzer Vegetationsdauer eingeschränkt ist. Zum einen kann die Alpung einen wichtigen Beitrag zum Ausgleich von Ertragsdefiziten in inneralpinen trockengefährdeten Gebieten darstellen, zum anderen dienen die Almen als Refugialgebiete für pflanzliche und tierische Arten, die an kühlere Bedingungen angepasst sind (Grabherr et al.,
2011; Stanisci et al.,
2005).
Heute noch ausreichend mit Wasser versorgte Lagen können aufgrund sich ändernder Niederschlagsverteilungen und erhöhter Evapotranspiration zunehmend unter Druck geraten. Als Folge steigender Temperaturen (Wieser et al.,
2009) und der seit etwa 150 Jahren rückläufigen Almbewirtschaftung (Zwittkovits,
1974) – besonders stark war dieser Rückgang in den letzten Jahrzehnten zu beobachten (BMLRT,
2020) – dringen subalpine Wald- und Straucharten sukzessive in die aufgegebenen Almfutterflächen vor. Aufgrund der im Vergleich zu Grünlandflächen erhöhten Evapotranspiration von Waldflächen führt die zunehmende Verwaldung und Verbuschung zu einer verstärkten negativen Entwicklung der Bodenwasserbilanz in den alpinen Tälern Österreichs (Strasser et al.,
2017; van den Bergh et al.,
2018). Aus Sicht des Waldes sind in den beiden letzten Jahrzehnten rund 10 % des Waldes über 1800 m durch Neubewaldungen früherer Grünlandstandorte dazugekommen (Russ,
2019). Dadurch entsteht ein Nutzungskonflikt zwischen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Biodiversität und Tourismus.
Umfassende und adäquate Subventionen sind eine Möglichkeit zur Förderung einer flächendeckenden Almbewirtschaftung in Österreich und einer damit verbundenen Grundfutterversorgung, einer positiven Wasserbilanz sowie einer hohen Biodiversität. Die weidebasierte Milch- und Fleischproduktion auf den Almen, in der Viehbesatz und Standortpotenzial in einem Gleichgewicht stehen, stellt eine nachhaltige Produktionsstrategie mit einer vergleichsweisen hohen Umweltverträglichkeit dar (O’Brien et al.,
2012; Pittarello et al.,
2020). Eine moderate, dafür flächendeckende Almbewirtschaftung erlaubt es, diese positiven Effekte auszubauen. Allerdings sind erheblichen Bewirtschaftungsnachteile, besonders in Hinblick auf Nutzung und Düngung und die nötige Arbeitszeit für ein standortangepasstes Almmanagement, damit verbunden. Fördermaßnahmen können hier ausgeglichen wirken [robuste Evidenz, hohe Übereinstimmung].
Mithilfe eines Almbewirtschaftungsplans kann eine weitere Möglichkeit geschaffen werden, um den Almfutterflächenverlust zu reduzieren und bereits verbuschte und verstrauchte Almflächen zu rekultivieren. Der Einsatz neuer Techniken, wie zum Beispiel die Satellitenfernerkundung, ermöglicht eine kontinuierliche Beobachtung der alpinen Vegetation und trägt dazu bei, das Management auf den Almen zu verbessern. So können unter anderem der optimale Auftriebszeitpunkt oder das aktuelle Futterangebot auf den Almen ermittelt werden und eine effiziente und standortangepasste Weidewirtschaft gefördert und unterstützt werden.