Zum Umgang mit Ungewissheiten, die diese beiden Zeithorizonte betreffen, haben sich zum Teil unterschiedliche Lösungsansätze entwickelt. Die Unterschiedlichkeit geht vor allem darauf zurück, dass zur Gewährleistung der Langzeitsicherheit eines Endlagers menschliches Handeln nicht mehr notwendig sein soll, während der vorgelagerte Entsorgungsweg vielfältige Aktivitäten erfordert, um den Prozess, der zur Endlagerung führt, sicher und nachhaltig zu gestalten.
Unterschiede zwischen den beiden Zeithorizonten spiegeln sich auch in den Beiträgen zu diesem Sammelband wider.
2.1 Lehren zum Umgang mit Ungewissheiten auf dem Entsorgungsweg
Rückblickend zeigt sich, dass die Entsorgung radioaktiver Abfälle in Deutschland bereits in den 1970er Jahren in Teilen der Gesellschaft erheblichen Widerstand hervorrief. Ein Zustand, in dem gesellschaftlich unhinterfragte Gewissheit zum grundsätzlichen Verlauf des weiteren Entsorgungswegs bestand, trat seither nicht mehr ein. Politische Entscheidungsträger:innen realisierten, dass sich Entsorgungsprogramme nicht einfach durchsetzen lassen und auf dem Entsorgungsweg permanent mit Ungewissheiten zu rechnen ist, die Anpassungen erforderlich machen können. Bei Prozessen wie dem Standortauswahlverfahren für ein Endlager in Deutschland muss daher ausreichende Offenheit und Flexibilität für Veränderungen gegeben sein (Kirchhof
2024).
Seit 2017 wird das Verfahren für die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland durch das Standortauswahlgesetz (StandAG) geregelt. Dieses Gesetz, das sich auf den vorausgehenden Diskurs zum Umgang mit Ungewissheiten im Verwaltungsrecht stützen konnte, sieht ein lernendes und selbsthinterfragendes Verfahren vor. Auf verschiedenen Ebenen verbindet es Elemente miteinander, die für den Umgang mit Ungewissheiten von Bedeutung sind, wie Rückholbarkeit, Reversibilität und Partizipation, und nutzt dabei sowohl Standardsetzungen und -anwendungen als auch auf den Einzelfall bezogene Elemente. Die innovativen Regelungsansätze, die das StandAG verfolgt, bringen jedoch wiederum neue Ungewissheiten mit sich (Smeddinck
2024).
Mit dem Standortauswahlverfahren verbindet das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) das Narrativ „Das letzte Kapitel schreiben wir gemeinsam“. Narrative sind sinnstiftende Erzählungen oder Geschichten, deren orientierende Wirkung sich auch in Entscheidungen angesichts von Ungewissheiten entfalten kann. Eine Stärke von Narrativen ist die Verdichtung komplexer und umstrittener Sachverhalte. Damit werden allerdings auch Dispute und Ungewissheiten ausgeblendet, was im ungünstigen Fall zur Verstrickung von Narrativen und Gegennarrativen führt, darunter auch Narrativen, die die Wahrnehmung von Ungewissheiten verstärken. Auf dem Entsorgungsweg sollten unterschiedliche Narrative daher als diskursive Herausforderung mit in die wechselseitige Kommunikation und Kooperation zu einem lernenden Verfahren einbezogen werden – mit dem Ziel, „das letzte Kapitel“ tatsächlich gemeinsam zu verfassen (Becker und Berg
2024).
Laut StandAG wird die Festlegung des Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle für das Jahr 2031 angestrebt. Ende 2022 gab das Bundesumweltministerium bekannt, dass das Standortauswahlverfahren bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen werden kann. Die Anpassung des Zeitplans wurde mit den „hohen Anforderungen an die Auswahl des Standortes mit der bestmöglichen Sicherheit“ begründet (BMUV
2022). Die Verlängerung des Standortauswahlverfahrens bringt neue Ungewissheiten mit sich, die dazu führen könnten, dass letztlich kein Standort für ein Endlager gefunden wird und die Zwischenlagerung in eine dauerhafte Oberflächenlagerung übergeht. Die Partizipation, die dazu beitragen sollte, Ungewissheiten zu vermindern, birgt das Potential, sich zu verselbständigen und letztlich der Problemlösung im Weg zu stehen. Um zu vermeiden, dass die Ungewissheiten auf dem Entsorgungsweg wachsen, die Risiken aber nicht geringer werden, ist die politische Bereitschaft erforderlich, schwierige Entscheidungen entschlossen anzugehen (Ott
2024).
Das schweizerische Standortauswahlverfahren für ein geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle wurde 2008 begonnen und soll zu Beginn der 2030er Jahre abgeschlossen werden. Das Verfahren basiert auf dem in der Schweiz etablierten raumplanerischen Instrument des Sachplans und zielt darauf ab, einen Standort zu identifizieren, dessen Eignung durch Daten und Prozessverständnis gezeigt werden kann. Dabei nimmt der systematische Umgang mit Ungewissheiten eine zentrale Rolle ein. Ungewissheiten werden zunächst auf ihre Sicherheitsrelevanz geprüft. Erweist sich eine Ungewissheit als sicherheitsrelevant, wird geklärt, ob sie sich durch Anpassungen vermeiden lässt. Ist das nicht möglich, muss die Ungewissheit verringert oder in ihrer Wirkung eingegrenzt werden. Wesentliche politische Entscheidungen im Standortauswahlverfahren der Schweiz waren durch Ungewissheiten bestimmt. Beim Abschluss von Etappe 2 des Standortauswahlverfahrens stimmte der Bundesrat beispielsweise dem Vorschlag zu, auf das Wirtsgestein Opalinuston zu fokussieren, dessen Eigenschaften sich aufgrund seiner natürlichen Homogenität so einschätzen lassen, dass nur geringe Ungewissheiten verbleiben (Rahn et al.
2024).
Zusammenfassend führten Entsorgungsprogramme, die an gesellschaftlichen Widerständen scheiterten, in Deutschland (Kirchhof
2024) und der Schweiz (Kuppler et al.
2023) letztlich dazu, dass neue Auswahlverfahren für den Standort eines Endlagers konzipiert und zusätzliche Anforderungen wie Rückholbarkeit an Endlagersysteme gestellt wurden, die auch auf den Umgang mit Ungewissheiten ausgerichtet sind. In Deutschland soll ein partizipatives, wissenschaftsbasiertes, transparentes, selbsthinterfragendes und lernendes Standortauswahlverfahren sowohl zur Vermeidung von Ungewissheiten als auch zum Sicherheits-gerichteten Umgang mit Ungewissheiten beitragen (Smeddinck
2024). Im schweizerischen Standortauswahlverfahren wurden wichtige politische Entscheidungen zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle vom Ziel geleitet, Ungewissheiten zu vermeiden (Rahn et al.
2024). Neue, vielversprechende Ansätze, das gesellschaftliche Problem der Entsorgung zu lösen, bringen jedoch ihrerseits Ungewissheiten hervor: Innovative Regelungsansätze eröffnen Interpretationsspielräume (Smeddinck
2024), Narrative stimulieren Gegennarrative (Becker und Berg
2024), Partizipation kann sich verselbständigen und unvorhergesehene Wege nehmen (Ott
2024).
2.2 Ungewissheiten zur Zukunft der Entsorgung
Wissen über die Zukunft und damit auch das Wissen, das sowohl den künftigen Entsorgungsweg für hochradioaktive Abfälle als auch den Bewertungszeitraum für die Langzeitsicherheit betrifft, ist immer mit Ungewissheiten verbunden. Zukunftswissen wird von Menschen konstruiert, die dazu auf gegenwärtiges Wissen und gegenwärtige Einschätzungen zurückgreifen. Bei der Entsorgung tut sich ein Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Sicherheit und der Erkenntnis, dass Zukunft immer ungewiss ist, auf. Um künftige Ereignisse und Entwicklungen auf dem Entsorgungsweg berücksichtigen zu können, sind flexible, adaptive und lernende Entscheidungswege erforderlich. Ein begleitendes Monitoring des Entsorgungswegs, das periodische und kritische Evaluierungen einschließt, ist unerlässlich, um den lernenden Prozess aufrecht zu erhalten. Die Long-Term Governance der Entsorgung muss sich immer wieder der veränderten Wissensstände und ihrer Relationen zu Politik und Gesellschaft versichern und die Offenheit der Zukunft als Gestaltungsraum nutzen. Auf dem Entsorgungsweg gilt es, die menschliche Freiheit und Flexibilität verantwortlich zu nutzen (Grunwald
2024).
Die Anforderung, ein partizipatives, wissenschaftsbasiertes, transparentes, selbsthinterfragendes und lernendes Standortauswahlverfahren in Deutschland durchzuführen, kann immer Dissens auslösen und als unerfüllt erachtet werden. Aufgrund seiner unerfüllbaren Erfüllungsbedingungen besteht die Gefahr, dass das Verfahren, das sich selbst unter Dauerbeobachtung gestellt hat, letztlich zu einem Zustand beiträgt, in dem die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle zwar weiterhin verwaltet wird, aber niemand mehr ausreichend Verantwortung für das Fortschreiten auf dem Entsorgungsweg übernimmt (Ott
2024).
Der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung in Deutschland ist mit der Anforderung konfrontiert, den Finanzbedarf angesichts erheblicher Ungewissheiten zu künftigen Ereignissen und Entwicklungen möglichst realistisch zu kalkulieren. Im Auftrag an den Fonds werden finanzielle und gesellschaftlich-ökologische Kriterien miteinander verknüpft, die zum Teil widersprüchlich sind. Daher geht die Finanzierung der Entsorgung mit einem Komplex an Ungewissheiten und Widersprüchen einher, die sich nur bedingt im Sinne eines gesellschaftlichen Nutzens auflösen lassen (Brunnengräber und Sieveking
2024)
Wird der gesamte Entsorgungsweg bis zu einem Zustand, in dem wartungsfreie Langzeitsicherheit gewährleistet ist, betrachtet, lassen sich für Deutschland mehrere Zukunftspfade identifizieren, die plausibel sind und deren Umsetzung wahrscheinlich ist. Diese Pfade spiegeln drei grundsätzliche Ansätze zum Umgang mit Ungewissheiten wider: 1. Mit einem schrittweisen Vorgehen, das sich an den jeweils aktuellen Rahmenbedingungen orientiert, soll Planungssicherheit gewährleistet werden. Ein solches Vorgehen ist aber auch stark durch Zwänge und Notwendigkeiten, die mit der Ausrichtung an den Rahmenbedingungen einhergehen, geprägt. 2. Durch die starke Einbindung von Öffentlichkeitsbeteiligung sollen gesellschaftlich bedingte Ungewissheiten vermindert werden. Die demokratischen Entscheidungen zur Entsorgung und die Prozesssteuerung durch Akteure der Entsorgung dürfen dadurch jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. 3. Flexibilität und Reversibilität sollen sicherstellen, dass Handlungsfreiheit auch angesichts künftiger Ungewissheiten aufrechterhalten wird. Voraussetzung dafür ist, antizipative Governance-Strukturen in Institutionen und Entscheidungsprozessen zu gestalten (Scheer et al.
2024).
Zu den Ungewissheiten, die die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle begleiten, gehören Ungewissheiten, die auf menschliches Handeln zurückgehen. Zuversicht ist eine Haltung, die angesichts solcher Ungewissheiten eine positive Wirkung auf die Lösung des Problems der Entsorgung entfalten kann und sollte. Zuversicht beruht auf guten Gründen und rationalen Abwägungen. In einem lernenden Verfahren, wie für den deutschen Standortauswahlprozess vorgesehen, kann Zuversicht ihre handlungsleitende Funktion entfalten. Anders als Zuversicht ist Hoffnung auch möglich, ohne dass ihr gute Gründe und vernünftige Abwägungen zugrunde liegen. Dennoch kann Hoffnung aus rationalen Gründen gepflegt werden. Angesichts von Ungewissheiten, die auf menschliches Handeln zurückgehen, bedeutet das insbesondere, dass Bürger:innen, Politiker:innen und Akteur:innen von Hoffnung geleitet auf den dauerhaften Bestand eines rechtsstaatlichen Systems hinarbeiten sollten (Sierra
2024).
Zusammenfassend führen die Ungewissheiten zu künftigen Ereignissen und Entwicklungen unweigerlich dazu, dass Zukunftswissen immer von Menschen konstruiertes Wissen ist. Ungewissheiten sind Ausdruck einer offenen Zukunft, die für die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle als Gestaltungsraum genutzt werden kann und verantwortlich genutzt werden sollte (Grunwald
2024; Ott
2024). Der Umgang mit Ungewissheiten zum weiteren Verlauf der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle, die von Menschen verursacht sind, sollte aus guten Gründen von Zuversicht geleitet sein, dieses gesellschaftliche Problem zu lösen, und von der Hoffnung, dass die Problemlösung dauerhaft in einem rechtsstaatlichen System erfolgen kann (Sierra
2024). Es darf beim Umgang mit Ungewissheiten aber nicht unterstellt werden, dass insbesondere, was menschliche Aktivitäten und gesellschaftliche Entwicklungen betrifft, langfristig Kontinuität besteht (Grunwald
2024; Sierra
2024). Für Deutschland lassen sich unter Berücksichtigung von Ungewissheiten mehrere plausible Zukunftspfade identifizieren, die auf die langfristig sichere Lagerung der Abfälle ausgerichtet sind. Erfolgversprechende Strategien zum Umgang mit Ungewissheiten auf dem Entsorgungsweg basieren auf Flexibilität und Reversibilität, einem schrittweisen adaptiven Vorgehen und Öffentlichkeitsbeteiligung (Scheer et al.
2024).
2.3 Gewissheit und Ungewissheit in Entscheidungsgrundlagen
Endlager für hochradioaktive Abfälle sind dafür konzipiert, Mensch und Umwelt langfristig vor den schädigenden Auswirkungen der Abfälle zu schützen und dabei auch Ungewissheiten, die sich negativ auf die Sicherheit auswirken können, zu vermeiden, zu vermindern oder ihre Auswirkungen zu begrenzen. Bevor die Abfälle auf Dauer sicher und wartungsfrei gelagert sind, muss auf dem Entsorgungsweg eine große Vielfalt an Entscheidungen unter Ungewissheit und zum Umgang mit Ungewissheiten getroffen werden. Die Beurteilung, ob und wenn ja unter welchen Umständen Ungewissheiten akzeptabel sind, kann anhand von Kriterien wie Sicherheitsrelevanz, Tragweite, Aussagenqualität und Behebungspotential vorgenommen werden. Da Ungewissheiten viele unterschiedliche Formen annehmen und sich nicht einheitlich charakterisieren lassen, bleiben Gesamtbeurteilungen von Ungewissheiten auf dem Entsorgungsweg oder bei einem Endlagersystem anspruchsvoll und müssen den Entscheidungsträger:innen nachvollziehbar dargelegt werden (Eckhardt
2024).
Eine zentrale Grundlage für Entscheidungen, die die Sicherheit der Entsorgung betreffen, stellt der Safety Case dar. In diesem umfassenden Berichtswerk wird die Sicherheit strukturiert belegt. Zum Safety Case gehören eine systematische Darstellung der jeweils bestehenden Ungewissheiten und Empfehlungen zum weiteren Umgang mit Ungewissheiten. Entscheidungsträger:innen sollen damit in die Lage versetzt werden, sicherheitsrelevante Ungewissheiten im Entscheidungsprozess zu erkennen und zu berücksichtigen (Röhlig
2024a).
Das Belegen der Sicherheit wird ebenso wie die Standortauswahl und die Planung und Konzeption eines Endlagers wesentlich durch organisatorische und menschliche Faktoren beeinflusst. Am Beispiel konkreter numerischer Simulationen lässt sich zeigen, dass die Ergebnisse, die verschiedene Personen infolge ihrer individuellen Ansätze und Entscheidungen erzielen, deutlich voneinander abweichen können. Ungewissheiten bei der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle sind also nachweislich auch durch den menschlichen Faktor bedingt und müssen im Interesse der Sicherheit durch ein wirksames Qualitätssicherungsmanagement eingedämmt werden (Muxlhanga et al.
2024).
Ein Teil der Ungewissheiten, die für die Sicherheit der Entsorgung relevant sind, lässt sich quantifizieren. Das gilt insbesondere für Ungewissheiten, die die technischen, geotechnischen und geologischen Sicherheitsbarrieren in einem Endlagersystem betreffen. Mathematische Methoden und Werkzeuge erlauben es, quantitative Ungewissheiten zu bewerten. Im Safety Case steht eine Kombination von deterministischen und probabilistischen Ansätzen im Vordergrund. Welche Ansätze im Einzelnen gewählt werden, wird zum Teil durch rechtliche Vorgaben bestimmt. Es existieren aber auch Freiheitsgrade, die weiter erforscht und erprobt werden sollten, unter anderem im Hinblick auf die Kommunizierbarkeit von Ungewissheiten (Röhlig
2024b).
Bei der Kommunikation zu Entwicklungen, die in die Zukunft hinein reichen, zählt die Vermittlung von Ungewissheiten an Entscheidungsträger:innen und die breite Öffentlichkeit mittlerweile zur guten Praxis. Zur Art und Weise, wie diese Kommunikation am besten erfolgen soll, sind jedoch weiterhin Fragen offen. Im Kontext der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle wird unter anderem diskutiert, wie Ungewissheiten so dargestellt werden können, dass die Grenzen quantitativer Aussagen deutlich werden, ohne gleichzeitig Verunsicherung hervorzurufen. In einer empirischen Untersuchung zur Kommunikation von Modellungewissheiten wurde deutlich, dass die Wirkungen der Kommunikation nicht nur von der Art und Quelle einer Ungewissheit und ihrer Darstellungsweise abhängen. Eine wesentliche Rolle spielen auch interindividuelle Unterschiede bei den Adressaten, zum Beispiel bei der Fähigkeit, mit mathematischen Aussagen umzugehen (Seidl et al.
2024).
Darstellungen, die auf deterministischen Ansätzen beruhen, lassen sich gut erfassen und schaffen damit insbesondere bei Personen Vertrauen, die mit mathematischen Aussagen weniger vertraut sind. Probabilistische Ansätze ermöglichen eine genauere Erfassung der Ungewissheiten, erfordern jedoch ein Mindestmaß an statistischen Kenntnissen. Ihr höherer Informationsgehalt wird allerdings auch von Personen, die nicht an den Umgang mit mathematischen Aussagen gewohnt sind, positiv bewertet. Da sowohl empirische Untersuchungen zur Kommunikation von Ungewissheiten als auch Empfehlungen von Expertengruppen darauf hinweisen, dass probabilistische und deterministische Bewertungen wichtige, aber unterschiedliche und komplementäre Beiträge leisten, sollten beim Belegen der Sicherheit sowohl probabilistische als auch deterministische Bewertungen vorgenommen und kommuniziert werden (Becker et al.
2024; vgl. auch Röhlig
2024b).
Transdisziplinäre Forschung zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle ist vielfach nicht nur für die beteiligten Bürgerpartner:innen, sondern auch für die beteiligten Wissenschaftler:innen eine Reise ins Ungewisse. Mit zunehmendem Wissen und Erfahrung in der transdisziplinären Entsorgungsforschung verringern sich bei den Bürgerpartner:innen, nicht nur die Ungewissheiten aufgrund von Nicht-Verstehen, sondern es wachsen auch die Möglichkeiten und der Anspruch, die Forschung mitzugestalten. Nicht-Wissen und Nicht-Verstehen können Ängste, Misstrauen und Ablehnung hervorbringen. Offenheit und Transparenz bei Akteur:innen der Entsorgung ebnen den Weg, um Ungewissheiten aufgrund von Nicht-Wissen und Nicht-Verstehen abzubauen. Durch transdisziplinäre Formate lassen sich Ungewissheiten zu Interaktionen zwischen Vertreter:innen der Bevölkerung und Akteur:innen der Entsorgung vermindern. Die offene Kommunikation von Ungewissheiten trägt zur vertrauensvollen Zusammenarbeit bei. Letztlich vereint Wissenschaftler:innen und Bürgerpartner:innen die Gewissheit, dass bei der Entsorgung manches ungewiss bleiben wird (Kramer et al.
2024).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass wegweisende Entscheidungen auf dem Entsorgungsweg in der Regel im politischen Raum oder von Behörden getroffen werden. In den Grundlagen, auf die sich solche Entscheidungen stützen, sollten Ungewissheiten transparent und nachvollziehbar dargelegt und beurteilt werden. Ungewissheiten aufgrund menschlicher und organisatorischer Faktoren müssen dann bereits durch ein wirksames Qualitätsmanagement eingedämmt worden sein (Muxlhanga et al.
2024). Eine zentrale Entscheidungsgrundlage stellt der Safety Case dar. In diesem Berichtswerk, wird die Sicherheit eines Endlagersystems umfassend und strukturiert belegt, wozu auch eine systematische Darstellung der Ungewissheiten gehört (Röhlig
2024a). Bei der Entscheidung, ob einzelne Ungewissheiten akzeptabel sind oder nicht, können Kriterien unterstützend wirken. Oft liegt Entscheidungsgrundlagen aber eine anspruchsvolle Gesamtbeurteilung vielfältiger Ungewissheiten zugrunde, die für Entscheidungsträger:innen nachvollziehbar gestaltet werden muss (Eckhardt
2024). Ungewissheiten, die sich quantifizieren lassen, können mithilfe mathematischer Methoden und Werkzeuge bewertet werden. Welche Ansätze im Einzelnen gewählt werden, ist auch von rechtlichen Vorgaben bestimmt. Im Safety Case hat es sich bewährt, probabilistische und deterministische Ansätze miteinander zu kombinieren (Röhlig
2024b). Da beide Ansätze wichtige, aber unterschiedliche und komplementäre Beiträge zur Bewertung von Ungewissheiten leisten, sollten beim Belegen der Sicherheit sowohl probabilistische als auch deterministische Bewertungen vorgenommen und kommuniziert werden (Becker et al.
2024). Die Wirkungen der Kommunikation von Ungewissheiten hängt wesentlich von der Art und Quelle einer Ungewissheit und ihrer Darstellungsweise ab, aber auch von interindividuellen Unterschieden bei den Adressaten, zum Beispiel bei der der apriori Einstellung zum Thema der Entsorgung radioaktiver Abfälle und der Fähigkeit, mit mathematischen Aussagen umzugehen (Seidl et al.
2024). Ungewissheiten offen und differenziert zu kommunizieren, trägt zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Akteur:innen der Entsorgung und Vertreter:innen der Bevölkerung bei (Kramer et al.
2024).